Frisör

Ein Haarschnitt war schon lange wieder mal fällig gewesen und so ging ich diesen Freitagabend zu meinem Stamm-Frisör. Ich kannte die beiden Mädchen dort schon lange und brauchte nicht mehr zu sagen, wie und wo ich die Haare gekürzt haben wollte. Kein Mensch außer mir war da und sie begrüßten mich wie einen alten Freund.

Anne „schnitt“ mich diesmal. Den ganzen Tag hatte ich hart gearbeitet und nun war ich so müde, dass ich mir zwar viel erzählen ließ, und sie hatte pausenlos was zu sagen, aber selbst kaum ein Wort dazu meinte und das Erzählte auch gar nicht richtig aufnahm. Stattdessen schaute ich verschlafen meinen Haaren zu wie sie langsam an meinen Augen vorbeisegelten oder zählte die vereinzelt auf meinem weißen Umhang mit der goldenen Aufschrift „Top Hair Stylist“ herumliegenden Härchen. Die andere, Mary, schaute derweilen lächelnd zu. Dann kam wie immer das Ausrasieren des Nackens. Das Rasiermesser blitzte.

Plötzlich spürte ich etwas Warmes meinen Rücken hinunterrinnen. Wahrscheinlich das Wasser, das Anne zum Rasieren benutzte. Im Spiegel sah ich Mary mit fasziniert großen Augen grinsen. Als Anne das Messer vor meine Augen hielt, tropfte Blut auf meinen Umhang und große Tropfen färbten das Weiß rot. Doch bevor ich aufspringen konnte, schnitt sie mir mit einem schnellen Schnitt die Kehle durch. Und Mary grinste noch immer.

Nun frage ich mich - kann es für mich eigentlich eine Genugtuung sein, wenn ich weiß, dass die beiden aus ihrer Anstalt nie wieder herauskommen werden, während ich langsam in meinem Sarg verfaule?