Als ich mit 14 Jahren einem Vergewaltiger und Mörder entkam #wochenthema

in #wochenthema7 years ago

Hallo ihr Lieben,

heute möchte ich euch etwas aus meiner Kindheit erzählen, was mir nicht nur Angst machte, sondern vieles grundlegend geändert hat.

Ich lebte damals mit meinen Eltern in einem kleinen Ort. Jeder kannte jeden und Verbrechen gab es keine, hier fühlte sich einfach jeder sicher.
Ich war damals 14 Jahre alt, hatte gerade Sommerferien und war mit meinen Eltern so wie alle anderen auch auf dem Feuerwehrfest.
Da meine Eltern noch bleiben wollten, entschied ich mich alleine mit meinem Dackel Gina raus zu gehen und machte mich mit ihr zusammen auf den Weg Orts auswärts.
Kurz nachdem wir den Ort verlassen hatten, trafen wir auf den Hund von einem nahe gelegenen Bauernhof und weil die beiden zusammen spielten, gingen wir immer weiter die Straße entlang, bis es anfing dunkel zu werden.

Mittlerweile war es 21 Uhr und ich machte mich wieder auf den Heimweg. Etwa 500 Meter vor Ortsbeginn, kam mir ein Auto entgegen. Da ich es noch nie zuvor gesehen hatte und hier meist nur ansässige fuhren, warf ich einen Blick hinein und sah einen etwa 40 jährigen Mann. Er trug eine Glatze, Kinnbart, war dunkel gekleidet und warf mir einen Blick zu der mir Gänsehaut verursachte.
Das Auto fuhr immer langsamer aber dann doch an mir vorbei und so gingen wir weiter.
Ich hörte zwar das ein Auto von hinten kam und auf der anderen Seite der Straße anhielt, aber erst als die Autotüre aufging, sah ich mich um.

Der Mann war aus dem Auto gesprungen und rannte auf mich zu. Ich war wie versteinert und erst als mein Hund zu bellen begann, wurde mir klar, dass ich etwas tun musste.
So schnell ich konnte rannte ich und Gina folgte mir, ich sah mich nicht um, sondern versuchte einfach nur zu entkommen.
Plötzlich spürte ich einen starken Schmerz am Arm und eine ruckartige Bewegung warf mich zu Boden. Der Mann hielt noch immer meinen Arm umklammert und grinste mich an. Gina hüpfte bellend um ihn herum und er versuchte mehrmals nach ihr zu treten.

So fest ich konnte versuchte ich mich aus dem Griff zu befreien, doch ich hatte keine Chance. Er sagte nur "Du kommst mit mir mit!", und zog mich hinter sich her.

Ich konnte nicht treten und schlagen, da ich über die Straße gezogen wurde und aufstehen konnte ich auch nicht.
In dem Moment versuchte ich zwar zu schreien, aber mehr als ein Jammern brachte ich nicht hervor.

Als wir bei seinem Auto angekommen waren, suchte er nach seinem Schlüssel um den Kofferraum zu öffnen. Seine Hand hielt immer noch meinen Arm umklammert. Gina hatte plötzlich von dem Mann abgelassen und war auf die Straße gerannt. Sie bellte wie verrückt und auch dem Mann war aufgefallen, dass etwas nicht stimmte.
Von weitem konnte ich Radfahrer sehen und als sich sein Griff lockerte, riss ich mich los. Er versuchte zwar erneut mich zu greifen aber da rannte ich schon um mein Leben.

Gina hielt den Mann noch zurück und ich schaffte es bis zu den Radfahrern. Von weitem hörte ich nur noch quietschende Reifen und dann war er weg.

Ich kann mich noch daran erinnern das mir mein Herz fast heraus sprang und ich kaum noch Luft bekam. Irgendwann sackte ich dann zu Boden. Ich weiß gar nicht mehr wie ich nach Hause kam, aber als ich wieder so richtig bei mir war, sah ich in das Gesicht meiner Mama.

Damals hatte mein Papa sofort die Polizei gerufen und ich hatte alles erzählt und den Ort gezeigt. Der Polizist nahm dann meinen Papa zur Seite und sprach mit ihm.
Ich wusste nicht was er sagte, aber von dort an durfte ich nicht mehr alleine raus. Etwa ein halbes Jahr später musste ich dann vor Gericht aussagen, man hatte den Mann gefunden und der stand wegen Vergewaltigung, Mordes und versuchter Entführung vor Gericht.

Von meinem Papa erfuhr ich nach der Verhandlung, dass ihm der Polizist damals anvertraut hatte, dass die Beschreibung auf einen Vergewaltiger und Mörder passt, den sie schon länger suchen und er mich bis sie ihn haben besser im Auge behält, da ich für sie eine wichtige Zeugin sei.

Der Mann war übrigens selbst Familienvater, glücklich verheiratet und als Vertreter tätig. Seinen Beruf nutzte er auch, um seine Opfer außerhalb seines Wohnortes zu finden.

Bis heute habe ich eine derartige Angst nie mehr erlebt. Seit dem bin ich viel vorsichtiger und versuche dennoch nicht über vorsichtig zu sein. Wichtig ist dass man sich im Kopf behält, dass überall etwas passieren kann und es keinen wirklich sicheren Ort gibt.

Liebe Grüße,

Enja


Quelle: pixabay

Ihr wollt wissen, wer ich bin? Dann schaut doch mal hier vorbei:

https://steemit.com/neuhier/@enja18/selbstvorstellung-ich-bin-s-enja

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Mutig dass du es hier postest - bekomme gleich Gänsehaut wenn ich das lese :(

Als ich sah, dass Angst das Thema der Woche ist, musste ich gleich an dieses Erlebnis denken und nach langem überlegen, habe ich mich dazu entschlossen es zu schreiben. Es gibt ja leider sehr viele die so etwas erlebt haben oder Angst davor haben irgendwann einmal so etwas zu erleben.

Joa ging mir wie einigen hier^^ Gänsehaut.

Boah das ist krass. Da fehlen mir die Worte. Was gibt es nur für schlechte Menschen.

Ja davon gibt es leider viel zu viele.

Wahnsinn.
Das liest sich wie aus einem Krimi. Das muss der pure Horror gewesen sein.

Ja das war es, bis heute habe ich noch nichts vergleichbares erlebt, zum Glück.

Einfach nur krass...beim Lesen habe ich Gänsehaut bekommen, während ich förmlich spürte, wie die Angst und Panik meinen Hals etwas zuschnürte. Zum Glück konntest du dem Schlimmsten noch entkommen und ich bin sehr froh, dass dieser Mann gefasst und verurteilt wurde. Wobei es immer wieder verwunderlich ist, dass solche Menschen doch auch selbst Familie - sogar eigene Kinder - haben, und sich dann an anderen Kindern so vergeht.


Liebe Grüße,
TineDanke für`s Teilen @enja18!

Ich habe das damals als Kind auch nicht verstanden, aber was man so aus den Medien hört sind es ja meistens auch Familienväter.

Diese mutige Geschichte ist einen upvote wert !

Puh, da bekommt man ja eine Gänsehaut...!

Ich habe auch schon lange nicht mehr so bewusst darüber nachgedacht, als ich sie gestern schrieb, war mir selbst sehr unwohl. Da kommen viele unschöne Erinnerungen hoch.

Hallo liebe Enja,

ich hoffe du hast das Erlebnis so gut es geht verarbeitet.
Da bist du ja grade so dem Abgrund entkommen.
Das prägt fürs Leben.
Danke für deine Offenheit! Bei solchen intimen Themen überlege ich immer vorher ob ich sie hier wirklich schreibe, weil alle Welt die Beiträge lesen kann. Ich vergesse das manchmal. Mutig von dir, dass du das hier erzählst!
Lieben Gruß, Monja

Danke, ich habe das Erlebnis dank der vielen lieben Menschen um mich herum gut verarbeitet. Es liegt nun auch schon über 10 Jahre zurück. Ich bin sehr froh, dass ich damals so viel Glück hatte, leider hört man jedoch immer wieder von Geschichten die nicht so gut ausgingen. Deshalb dachte ich mir ist es wichtig darüber zu reden und natürlich vorsichtig aber auch nicht über vorsichtig zu sein.

Arge Geschichte, aber gut, dass du entkommen konntest und so tapfer warst und es nochmal gut ausgegangen ist :)

Ja darüber bin ich auch sehr froh.

Krasse Geschichte. Danke das du diese mit uns geteilt hast.

Als ich das Thema gelesen habe, dachte ich dass es so viele gibt die entweder selbst betroffen sind oder davor Angst haben dass so etwas passiert und deswegen entschied ich mich dazu sie zu teilen.

Ich habe kaum geatmet als ich deine Geschichte gelesen habe. Krass mir fehlen die Worte. Ich hoffe du hast es einigermaßen aufgearbeitet und danke dass du so eine persönliche Geschichte mit uns teilst. Mögest Du für die Zukunft immer gut beschützt sein <3

Danke, ja ich habe sie ganz gut aufgearbeitet, ist nun auch schon über 10 Jahre her und ich hatte auch ganz viele liebe Menschen, die mir dabei geholfen haben.

Jetzt stockt mir ein wenig der Atem... Krass

Ja ist wirklich traurig, dass solche schlimmen Sachen passieren und leider nicht immer so gut ausgehen wie bei mir.


Ein furchtbares Erlebnis.
Mir wurde beim Lesen mehr als mulmig und es freut mich das du deinem Peiniger entkommen konntest.Dein Artikel macht mich auch deshalb betroffen weil es leider stimmt das Missbrauch im familiären Umfeld nicht so selten ist wie man glauben möchte.Ich hatte damals keine Chance zu entkommen,war jünger wie du damals und an den Folgen knabbert man sein Leben lang.
LG MarionHallo @enja18

Liebe Marion,
es tut mir wahnsinnig Leid dass dir etwas so schlimmes passiert ist. Gerade wenn es in der eigenen Familie passiert muss es unbeschreiblich schlimm sein. Auch wenn ich weiß wie schlimm eine solche Erfahrung wie sie mir passierte ist, glaube ich dass man sich kaum vorstellen kann wie du dich als Kind in einer solchen Situation gefühlt haben musst.

Ich hoffe sehr dass es dir heute gut geht und du damit leben kannst, denn solche Erinnerungen wird man wohl nie los.

Liebe Grüße und alles Gute,

Enja

Ich mag das Wort müssen an sich nicht.
In dem Fall allerdings was bleibt einem übrig als damit leben zu müssen.
Derart tiefgreifende traumatische Erfahrungen lassen sich aufarbeiten aber niemals restlos löschen.

Es ist ja wirklich ein mega einschneidendes Erlebnis :(, ein Glück könntest du noch fliehen. 😱😇😚
Es ist grausam was es für Menschen auf dieser Welt gibt 🤯

Ja es ist wirklich traurig wenn man bedenkt wie oft solche Sachen passieren und leider nicht gut ausgehen. Mir wird da auch jedes Mal ganz schlecht wenn ich solche Fälle in den Nachrichten sehe.

Das glaube ich dir es ist alles abartig :(

Oh man das ist wirklich einer der heftigsten Beiträge die ich hier auf Steemit jemals gelesen habe!
Ich ziehe meinen Hut vor dir @enja18, dass du das hier veröffentlichst und uns an deinen so derartig prägenden Erinnerungen teil haben lässt!

RIESIGES LOB!!!

Ich wünsche dir, dass du dieses Erinnerungen irgendwann vergessen oder verarbeiten kannst, denn ich kann mir nicht mal annähern vorstellen, was solch eine Situation in einem Menschen auslösen muss....

Viele liebe Grüße aus Stuttgart,
Stefan :)

P.S. Ein upvote und einen neuen follower hast du mit diesem Beitrag absolut verdient!!!

Dank meiner lieben Familie kann ich sagen dass ich alles gut verarbeitet habe. Natürlich bin ich durch mein Erlebnis etwas vorsichtiger als andere, aber mit offenen Augen durchs Leben zu gehen schadet ja auch nicht. Vielleicht kann man so das ein oder andere schlimme Ereignis vermeiden.

Liebe Grüße,

Enja

Was für ein gruseliges Erlebnis. :-o
Da kriegt man allein vom Lesen eine Gänsehaut. Was für ein Glück, dass du ihm entkommen bist. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Gina nicht da gewesen und die Radfahrer nicht gekommen wären.

Ich hatte damals wirklich sehr viel Glück!