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RE: Opinion: Whales and the fairness of the new reward distribution

in #steem6 years ago

Es herrscht viel Finanzssprech auf dieser Plattform. Vom Design her gibt es Widersprüche. Einerseits die Möglichkeit, lange Texte zu veröffentlichen, einem ebenso unbegrenzten Kommentarbereich, andererseits die Schnelllebigkeit im Leser- und Voting-Verhalten.

Die Idee, eine Kryptowährungs-Spekulations-Plattform an social media anzubieten, ist sehr gewagt. Ich meine jetzt nicht aus finanzieller Sicht, aber aus der sozialen.

Das Drücken der Funktionsknöpfe hier sehe ich als problematisch, wenn man denn die ganze Sache wirklich ernst nehmen will. Mir persönlich schwingen mehrere Herzen in der Brust.

Philosophisch betrachtet, braucht nichts, was über die schnelllebigen social media Kanäle abgefeuert wird, wirklich ernst genommen zu werden. Es ist ein sichtbar gewordener Ausdruck von impulsiven Reaktionen (Gefühlen), die vor dem Zeitalter des Internets niemand anderer gesehen hat, als dein physisches Gegenüber und diejenigen, denen du im Alltag begegnet bist.

Die beiden Möglichkeiten: "Mag ich"(upvote) und "Mag ich nicht" (downvote). Eine dritte Möglichkeit bietet sich nach der Mechanik dieser Plattform nicht an; außer die Menschen kommentieren sich gegenseitig auf eine andere Art, die jedes "ich mag das" oder "ich mag das nicht" ausschließt.

Ich würde meinen, das ist eine ungemein schwierige Aufgabe, die z. B. Philosophen oder die Buddhisten versuchen, seit einigen tausend Jahren zu vermitteln. Kurz gesagt, ist ihnen daran gelegen, zwischen diese beiden eine alternative Stelle zu setzten, die weder das eine noch das andere (unbedingt und schnell) ausdrücken will.

Was sie genau ausdrückt oder soll, lässt sich nicht sagen, weil es immer auf den Moment, die Situation, den Menschen ankommt, mit dem man zu tun hat. Man könnte es die "Wahrscheinlichkeits-Akzeptanz" nennen, denn immer, wenn jemand zu dir sagt: "Mag ich", schmeichelt er dem Ego und wenn er sagt "Mag ich nicht", kränkt er es. Da solches sehr wahrscheinlich ist, sollte man aus dieser weisen Sicht weder das eine noch das andere tun. HaHa!

Wir haben es geschafft, Inhalte so absurd schnell zu transportieren, dass es wieder den guten Effekt hat, dass hier ein Bewusstseinsprozess in Gang gesetzt wurde. Bei facebook etwa haben die Postings und die Likes ein derartig rasantes Tempo angenommen, dass die Ahnung entsteht, niemand liest mehr wirklich, was gepostet wird. Es lässt einen glauben: Alle reagieren auf die dadurch entstehenden Zahlen und Effekte.

Was als eine noch nicht definierte Form begonnen hat, ist nun fest in den Bauch der Wirtschaft eingespeist worden. Der Willen zum Ausdruck scheint sehr groß zu sein bei uns Menschen. Das kann man akzeptieren und warum auch nicht? An der Oberfläche einer solchen Plattform tobt die Schnelllebigkeit, weiter unten wird es ruhiger und ruhiger und die Nischen-Themen, langsamen Gesellen und andere Kuriose machen ihre Sachen.

Warum sage ich das und was hat das mit deinem Posting zu tun? Ich erkenne mich in vielem wieder, das ich selbst auch schon so gedacht habe und dann wieder genau diese Ansicht änderte, sie erneut betrachtete, wieder verwarf, eine ganz andere bildete usw. usw.

Als ich am Schluss las, dass wir "dringend (!) Investoren brauchen", da dachte ich: Ja? Wieso eigentlich? Sind nicht die Dinge, die langsam wachsen, oft die interessanteren?

Social Media hat Bedeutung - welche genau, das entscheiden die vielen, die sich hier und auf den anderen Plattformen bewegen. In der fehlenden zentralen Bedeutungsgebung liegt eine große Chance, aber auch eine Gefahr.

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Danke für Deinen Kommentar, dem ich grösstenteils zustimmen kann!
Zu Deinen Fragen ("Als ich am Schluss las, dass wir "dringend (!) Investoren brauchen", da dachte ich: Ja? Wieso eigentlich? Sind nicht die Dinge, die langsam wachsen, oft die interessanteren?"):
Einerseits sind langsam (nachhaltig!) wachsende Dinge oft interessanter. Hinsichtlich "social media"-Netzwerken gibt es aus meiner Sicht aber den wichtigen Netzwerkeffekt. Wenn Steem nicht schnell genug wächst, wird irgendwann ein konkurrierendes Netzwerk (vielleicht auf der Basis von Bitcoin wie Blockstack) Steem den Rang ablaufen. In dem Fall würde Steem eingehen, so wie es myspace ergangen ist, als Facebook durchstartete:
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oder hier
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Ich hoffe, dass das nicht passiert.

Warum soll es nicht passieren (dürfen)? Ich habe mich das persönlich auch gefragt und mir die Antwort gegeben: Die vielen Postings, die ich hier gemacht habe, haben letztlich irgendwen erreicht. Da ich nicht genau weiß, wer sie nur liest, ohne einen vote zu geben (leider gibt's die Anzahl der gezeigten Augen hier auf dem Interface nicht mehr), ist das immer nur Vermutung, aber nie Gewissheit. Damit kann man, wenn man nicht sein Wohl und Wehe mit dieser Plattform auferstehen und niedergehen sieht, ganz gut leben.

Diejenigen, die damit ein Risiko verbinden, tun dies gemeinhin mit Geld. Ich glaube, die wenigsten haben wirklich ihr Fiat-Geld hier hineingesteckt und wenn doch, waren sie sich hoffentlich des Risikos bewusst. Viele andere - so wie ich - haben Zeit und Energie investiert. Da aber mein ganzes Leben daraus besteht, irgendwo Zeit und Energie zu investieren, ist das ein stetiger Begleiter, also auch kein Risiko. Die Early Adopter haben ganz sicher kein eigenes Fiat-Geld investiert, es wurde ja reichlich davon verteilt.

Wenn ich es richtig verstehe, können die Server immer von irgendwem betrieben werden, es müssen sich lediglich die Kosten dafür decken (es sei denn, jemand macht das als Geschenk für eine verbleibende oder sich neu bildende Userschaft). Würde das alles hier verlassen werden, würden wahrscheinlich keine Techniker mehr die Pflege machen und alles bliebe in der Zeit erstarrt. Einer würde vielleicht reichen, der die Blockchain konserviert. Jemand, der fest daran glaubt, dass sich die neuen User anders verhalten würden. Wer weiß das schon? :)

Vielleicht ist das konkurrierende Netzwerk ja besser oder wird als besser erachtet... Ich bin da nicht festgelegt. Botschaften kann man im Netz immer irgendwo absetzen. Ich würde Steemit allerdings vermissen, da ich mich dran gewöhnt habe.

Hmm, stimmt, Du hast Recht, wenn man es nicht als Investor und emotionslos betrachtet. In dem Fall spielt es keine Rolle, welches social media-Netzwerk der Nachfolger von Facebook/Instagram/Twitter sein wird. Das bessere möge gewinnen!

Ich habe etwas Fiat in Steem investiert und verbinde Steem und seine Community auch mit Emotionen. Deswegen war meine vorige Aussage nicht objektiv.

:) Dabei stellt sich die große Frage, was "besser" ist, nicht wahr. Eine Frage, die tief ins Philosophische und soziale Konflikte hinein reicht.
Ich habe dazu eine Methode recherchiert, die "systemischer Konsens" heißt. Wenn du interessiert bist, gehe hierhin - ich lade dich ein, an dem Experiment teilzunehmen:

https://steemit.com/steemit/@erh.germany/the-usage-of-voting-buttons-reload

Ja, die Emotionen spielen wahrlich eine große Rolle in social media Kanälen. Wir sind die Gestalter der Räume, die die Menschen nach uns vorfinden werden. Was wollen wir, das sie finden?