Die NATO will sich in den Incirlik-Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei nicht einmischen. Generalsekretär Stoltenberg sieht darin einen "bilateralen Streit", der keine Auswirkung auf das Militärbündnis habe.
In dem Streit mit der Türkei geht es um ein Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete bei deutschen Soldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik. Die Bundesregierung hatte daraufhin Anfang der Woche mit einem Abzug der dort stationierten rund 260 Soldaten und "Tornado"-Aufklärungsflugzeuge gedroht, die sich am Kampf gegen die IS-Terrormiliz beteiligen. Gabriel hatte diese Drohung am Donnerstag auf die deutschen Soldaten in einem im türkischen Konya stationierten NATO-Verband ausgeweitet. Die dort stationierten "Awacs"-Aufklärungsflugzeuge beteiligen sich ebenfalls am Kampf gegen den IS.
Auch wenn es zwei NATO-Partner sind, die gerade einen offenen Streit austragen: Das Bündnis selbst will sich in den Zwist nicht hineinziehen lassen: "Dieser Disput ist eine bilaterale Angelegenheit zwischen der Türkei und Deutschland", stellte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel klar.
_______________________________________________________________
Keine Auswirkungen auf NATO
Eine ähnliche Situation habe es vor einigen Monaten gegeben, damals sei eine Lösung gefunden worden. "Wir hoffen, dass das auch diesmal passiert", fügte der Norweger hinzu. Damit bringt Stoltenberg zum Ausdruck, dass er sein Bündnis nicht in der Rolle des Streitschlichters sieht.
Auf NATO-Aktivitäten habe der Zwist keine Auswirkungen, ergänzte Stoltenberg. Die Tornado-Aufklärungsflugzeuge, die von der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik in Richtung Syrien starten, sind zwar in den Kampf gegen den sogenannten "Islamischen Staat" eingebunden. Sie fliegen ihre Einsätze aber nicht im Auftrag der NATO.
_______________________________________________________________
Vergiftete Beziehungen zwischen Allierten
Sollten die deutschen Jets, wie von der Bundesregierung angedroht, etwa nach Jordanien verlegt werden, wäre die NATO militärisch tatsächlich kaum betroffen. Sehr wohl aber könnte der Streit das Bündnis politisch erschüttern, warnen Experten. Wenn die Atmosphäre zwischen zwei wichtigen Alliierten auf Dauer vergiftet bleibe, wäre auch die NATO vor Kollateralschäden nicht gefeit.
Die türkische Regierung verweigert Bundestags-Abgeordneten derzeit - genau wie bereits im vergangenen Sommer - Besuche bei der deutschen Truppe in Incirlik. Daher erwägt Berlin die Verlegung an einen anderen Standort.