Wahre Kriminalgeschichten #1

in #history5 years ago

Vor einigen Monaten fiel mir in einem Buchladen in Nürnberg ein äußerst interessantes Buch in die Hände: Hinrichtungen und Leibstrafen - Das Tagebuch des Nürnberger Henkers Franz Schmidt.
Besagter Franz Schmidt war 45 Jahre lang Henker, von 1573 bis 1618. Henker war ein erblicher Berufsstand der in der damaligen Gesellschaft schlecht angesehen war und doch getan musste. Schmidt brachte es weit und wurde Henker von Nürnberg, damals eine der Metropolen Deutschlands. Sein Tagebuch listet alle 345 Körperstrafen und 387 Hinrichtungen auf, die er in seiner Karriere ausführte. Ich möchte nun gelegentlich einige dieser Fälle vorstellen, die mir besonders aufgefallen sind.

Am Beginn seiner Karriere im Stift Bamberg, genauer im Jahr 1574, hatte Schmidt einen besonders sadistischen Klienten:

"Cloß Renckhert von Feylsdorff, ein mördter, so mit seinem gesellen drey mördt begangen. Erstlich seinem aigenen gesellen erschoßen, der ander ein mülnersknecht, Welcher bey nechtlicher weil, die mühl überfallen helffen, und umbringen helffen, der dritt wiederumben eine mühl, die Fuchsmühl genandt, uffm Gebürg, mit seinem gesellen zu nacht eingefallen, den müllner erschoßen, die frau und magdt zu ihrem willen zwungen und genöttigt ein ayr im schmaltz zumachen, welches sie auff den todten müller gesetzt, un deß mülners frau solches helffen eßen müßen, und zu den todten müllner gesagt, auch mit einem fuß gestoßen: Müllner wie gefellt dir das Letzlein? Die mühel beraumt, deßwegen zu Grayth im Bamberger stifft mit dem rath gericht."

Um das nochmal zusammenzufassen: Der Mörder und seine Mittäter erschossen ihren eigenen Kumpanen und töteten einen Arbeiter während eines Überfalls auf eine Mühle. Zuletzt ermordeten sie den Müller bei einem anderen Überfall, vergewaltigten dessen Frau und die Magd, ließen die erstere ein Ei von der Leiche ihres Mannes essen und verspotteten selbige Leiche. Nach damaligem Recht, der Constitutio Criminalis Carolina von 1532, wurden Mord, Raub und Vergewaltigung jeweils mit dem Tod bestraft, die Exekution war dem Delinquenten also sicher.

Die Art der Hinrichtung war jedoch variabel, wobei die offensichtliche sadistische Ader des Verurteilten definitiv keine mildernden Umstände zuließ. Deswegen wurde sich für das Rädern entschieden, eine der grausamsten Hinrichtungsarten. Hier wurde dem Delinquenten die Knochen im ganzen Leib mithilfe eines speziellen Rades gebrochen. Falls der Verurteilte nicht mit dem Rad erschlagen wurde, wurde er auf einem anderen Rad festgebunden und dann erstochen, geköpft oder erwürgt. Die Leiche wurde als Futter für die Krähen auf dem Rad belassen, was zusätzlich zum Körper auch die Seele, durch das Verweigern eines Begräbnisses, bestrafte. Solche öffentlichen Hinrichtungen sollten nicht nur den Verurteilten bestrafen, sondern auch als abschreckendes Beispiel dienen, wobei die Frage ihrer Effektivität natürlich nur schwer zu klären ist.

AKG34252_Low_res.jpg

Eine Hinrichtung mit dem Rad, Holzstich von ca. 1870, Quelle: https://www.akg-images.de/archive/Vollzug-der-Todesstrafe-vermittelst-des-Rades-2UMDHULGB_S.html