#10
Das Jahr der Attentate
Das zweite Halbjahr lief ähnlich ab wie das erste - Studium in der Bibliothek, Ausbildung bei Gondor und Missionen. Freitag war inzwischen der Tag, an dem Cathandra sich in den Garten der Dunkelheit begab, um dort zu meditieren. Spöttisch wußte sie, dass viele der Akolyten sich ohne Schutz nicht dorthin trauten. Und jedes Mal verlegte sie ihren Meditationspunkt ohne Schutz immer tiefer zum Ort des Pulvers hin. Und sie blieb immer öfter.
Der erste Monat des zweiten Ausbildungsjahres war angebrochen. Eines Samstags erhielt sie die Nachricht, dass sie sich bei Gondor zu melden habe. Überraschenderweise lief ihr der Ausbilder unterwegs über den Weg und wußte von nichts.
"Da kann ich dir nicht helfen, Akolytin."
"Dann werde ich wohl herausfinden müssen, was ihr von mir wollt, dort, wo man mir gesagt hat, dass ihr dort wärd.", schmunzelte sie. Offensichtlicher war eine Falle nicht.
Gondor nickte. "Viel Spaß."
Cathandra massierte sich ihre Hände und ging zu den Ort, an dem sie Gondor eigentlich treffen sollte. Es war einer der wenigen Bereiche der Akademie, der nicht überwacht wurde.
Sie horchte mit der Macht hinein und - erkannte 5 Akolyten, die offenbar auf sie warteten.
Cathandra ließ die Falle zuschnappen. Sie lief hinein.
"Falls du Gondor sucht, Schülerin, er konnte leider nicht kommen...", sagte einer der Akolyten. Cathandra spürte, dass es alles Jung-Krieger waren.
"Er sagte, dass du die Akademie nicht wert bist.", sagte ein weiterer.
Cathandra klatschte vor Vergnügen in die Hände.
"Komisch, vor drei Minuten traf ich ihn draußen und er wünschte mir viel Spaß bei meinem Date mit euch."
"Verdammt!", entfuhr es einem anderen Akolyten. "Hattest du nicht gesagt, dass dies nicht passieren könne, Mehodan?"
"Gondor muß seinen Plan geändert haben. Aber nichtsdestrotrotz wirst du jetzt sterben, Cathandra."
Längst hatte Cathandra damit begonnen, ihren Zorn zu bündeln.
"Ich werde Berus ausrichten, dass euch meine Machtdemonstration so gut gefallen habt, dass ihr euch zu Tode gefreut habt."
Ihr Hass-Level war bereits sehr hoch. Die Schüler verteilten sich um sie.
Als Sinnbild für ihren Hass verwendete sie dieses Mal Berus, den sie sowieso irgendwann töten würde. Also konnte sie diesen Kampf als Übung nutzen.
Cathandra aktivierte ihren Holo-Generator und trat zwei Schritte zur Seite. Die Akolyten sprangen, wie Krieger es konnten, auf ihre scheinbare Position zu. Trotzdem lenkte die Macht ihren Körper so, dass keine Klinge sie traf. Dafür fügten sich zwei Akolyten gegenseitig heftige Verletzungen zu.
Cathandra entfaltete ihre Macht und ließ sie explodieren. Die Akolyten wurden gegen die Wand geschleudert. Die beiden, die bereits verletzt waren, überlebten den Aufprall nicht. Die anderen stöhnten und konnten sich kaum bewegen.
"Vielleicht hättet ihr euch vorher erkundigen sollen, gegen wen ihr kämpft. Das hätte euch das hier erspart."
Sie nahm ihr Schwert, holte aus und schlug dem noch lebenden Akolyten den Kopf ab.
Anschließend verwendete sie ihre Blitze, um seine Überreste einzuäschern. Die Asche verteilte sie über den Boden.
Die anderen Toten hatten heftige Stichverletzungen. Damit würde der Verdacht kaum auf einen Jung-Inquisitor fallen. Sie durchsuchte die Opfer, nahm ihre Habseligkeiten, sofern vorhanden, an sich und auch deren Credits.
Am nächsten Vormittag stellte sie sich bei der Ausbildung neben Berus.
"Es war sehr süss von dir, die Fünf zu schicken.", flüsterte sie. "Wenn du wieder mal so etwas vorhast, sag ihnen das nächste Mal, die kostenlose Lektion ist vorbei. Ab sofort will ich fünfzig Credits pro Mann."
Sie spürte Berus' Überraschung.
"Ich verstehe. Aber da ohnehin nur einer von uns übrig bleibt, spielt es keine Rolle."
"Natürlich nicht."
Da sie im zweiten Ausbildungsjahr waren, standen neue Dinge auf den Ausbildungsplan. Das für Cathandra wichtigste waren dunkle Künste und dunkle Mächte. Von anfangs 10 Akolyten waren nur noch sechs übrig.
"Alles, was ihr in den letzten 12 Monaten erlernt habt, war für den direkten Kampf. Ab sofort lernt ihr zusätzlich, wie ihr euren Gegner mit euren Gedanken zermalmen könnt. Treibt ihn in den Wahnsinn, lenkt ihn ab, fügt ihm mit euren Gedanken Schmerzen zu. Aber all diese Dinge könnt ihr nur tun, wenn sie bereits ein Teil von euch sind. Um jemanden im Kampf wahnsinnig zu machen, müsst ihr in gewisser Weise selbst wahnsinnig sein. Von nichts kommt nichts."
Er klatschte in die Hände.
Ein Mann wurde hereingebracht. Seine Hände waren gefesselt, sein Mund zugestopft.
"Ein Hochverräter. Ein ausgezeichnetes Testobjekt."
Gondor erklärte nun, wie diese ersten dunklen Künste angewendet wurden.
Cathandras Augen leuchteten. Obwohl sie in der Theorie längst die Fähigkeiten aus ihren Studien der Bibliothek kannte, saugte sie jedes seiner Worte auf. Anschließend führte er es vor.
Der Gefesselte schrie, brüllte sich trotz des verbundenen Mundes die Kehler heiser. Wie verrückt strampelte er, versuchte, seine Hände zu befreien, aber es gelang ihm nicht. Der Versuch liess seine Hände bluten. Er verdrehte seine Augen und wurde ohnmächtig.
"Er dürfte gleich wieder wach sein. Wer will als nächster?"
Obwohl Cathandra vermutete, dass es ihr Spaß machen würde, ließ sie den anderen den Vortritt.
Bei Vorführungen von ihr musste sie sich inzwischen zurückhalten, um ihren Kollegen, vor allem Berus, nicht ihre wahre Macht zu zeigen.
Es war das Jahr der dunklen Mächte. Sie lernte, immer besser mit ihrer Macht umzugehen, vor allem auch schneller.
Eines Tages, wenige Wochen nach ihrem 18. Geburtstag, spürte sie auf dem Weg zur Ausbildung eine gewaltige Macht-Präsenz. Sie ging weiter und unmittelbar vor dem Ausbildungsraum traf sie auf eine Frau in schicken Gewändern. Sie wußte sofort, dass sie einen weiblichen Sith-Lord vor sich hatte.
"Schülerin.", begrüsste diese sie.
"Mein Lord?"
Die Frau musterte sie. "Ich dachte eben noch, dieser Reinblütler, Berus, hätte das Zeug zu meinem neuen Schüler. Aber wenn ich dich ansehe... die Macht ist unglaublich stark in dir. So etwas habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Aber wo sind meine Manieren? Ich bin Lord Zolata. Aus deiner Gruppe werde ich meinen neuen Schüler auswählen."
Cathandra verbeugte sich mit Herzklopfen. Ihr zukünftige Meisterin.
"Ich freue mich sehr, Euch zu begegnen, mein Lord."
Sie wagte es sogar, zu lächeln.
"Natürlich tust du das."
Lord Zolata strich mit ihrer Hand über Cathandras Kinn und ihre Wange. Cathandra schloß sehnsüchtig ihre Augen. Die dunkle Ausstrahlung Lord Zolatas war ähnlich schön wie die des Dunklen Gartens, wenn auch anders.
"Sei weiter eifrig und überlebe, Schülerin."
Cathandra öffnete ihre Augen. Lord Zolata verließ sie.
"Das werde ich, mein Lord."
Im vierten Ausbildungshalbjahr lernte Cathandra weitere, wenn auch neutralere Fähigkeiten kennen. Das für sie Wichtigste war der Wirbel. Sein Einsatz war meist taktischer Natur, denn man konnte mit ihm bestimmte Gegner lange genug aus dem Kampf herausnehmen.
Ein Problem, das sich für Cathandra ergab, war - sie hatte die gesamte Bibliothek der Akademie durch. Sie konnte nun noch mehr Zeit für Meditation und Missionen verwenden. Ihre Lieblingsmission - Pulver aus dem Dunklen Garten zu holen, ging sie nunmehr fast zwei Mal die Woche nach. Die Anzahl der Schüler ihrer Gruppe hatte sich auch auf fünf verringert.
Während einer Mission, die sie ausnahmsweise nicht in den Garten führte, erkundete sie zum dritten Mal die Tempelanlage, in der sie das Holocron gefunden hatte.
Cathandra liess sich Zeit und nahm jeden Winkel des Geländes unter die Lupe. Nach Stunden kehrte sie wieder um und lief in Richtung des Eingangs zur Fledermaushöhle.
Die Macht warnte sie plötzlich. Cathandra horchte hinaus und fühlte eine Ansammlung von 18, 20,22, nein - 25 Akolyten, die nur einen Abischt hatten - ihren Tod!
Ach Berus, dachte sie. Gibst du denn nie auf? Aber sie mußte zugeben, dass 25 Schüler gegen sie allein schon heftig war. Sie suchte sich einen freien Platz und ging in den Schneidersitz.
Sie schürte ihren Zorn und spürte die Akolyten näher kommen.
"Da! Da ist sie!", hörte sie mehrere Stimmen.
Die Schüler umrundeten sie.
Cathandra erhob sich wieder.
"Scheiße... wie sieht die denn aus?", fragte ein Schüler entsetzt.
Sie hatte die Macht in sich zum Glühen gebracht. Es schien wieder für andere sichtbar zu sein.
"Was hat Berus euch dieses Mal versprochen? Hat er euch gesagt, dass ich für diese Lektion 50 Credits pro Mann nehme?", sagte sie mit verschränkten Armen.
"50 Credits? Nein - Berus hat gesagt, dass der, der dich tötet, von ihm 8000 Credits erhält."
Cathandra war wirklich baff.
"Achttausend?? Verdammt, woher Berus so viel Credits her? Ach egal - also los, 50 Credits von jedem oder ich mach euch Beine. Obwohl, sobald ihr tot seid, nehme ich euch sowieso eure Credits..."
Sie hatte längst die Schwachstelle in Berus' Plan erkannt. Die Schüler näherten sich ihr weiter.
Cathandra konzentrierte sich auf ihre Macht und öffnete die Augen.
"Cathandra ist bereits tot. Der, der neben euch steht, hat sie getötet. Wer also kriegt jetzt die 8000?"
Sie bewegte ihre rechte Hand im Halbkreis.
Eine Sekunde geschah nichts. Eine weitere ebenfalls nichts. Dann plötzlich zog der erste sein Schwert und jagte es dem neben ihm in den Bauch. Und noch einer. Ein dritter. Ein vierter. Die Schüler schlachteten sich gegenseitig.
Cathandra verschränkte ihre Arme und beobachtete das Töten. Geistig schwache, dachte sie. Na wenigstens ist die Gier unter den Schülern noch vorhanden.
Nach einer Minute war alles vorbei. Lediglich zwei waren übrig. Cathandra schickte ihre Blitze und pulversierte die restlichen beiden. Ein weiterer Schüler kam zu ihr gerannt, deutete aber an, dass er keinen Kampf wollte. Verblüfft sah er die Überreste.
Cathandra war inzwischen damit beschäftigt, Wertsachen an sich zu nehmen und die Credits auf ihr Konto zu übertragen. Sie erhielt mehr als die 50 Credits pro Mann. Ihre Beute ohne die Wertsachen betrug rund siebentausend.
"Meine Ausbilderin hatte recht. Wäre ich hiergewesen, wäre ich jetzt wohl auch tot."
"Wer ist deine Ausbilderin?"
"Talia."
Cathandra schmunzelte. "Ich verstehe. Was hat sie dir gesagt?"
"Berus war auf mich zugekommen, ob ich mir achttausend Credits verdienen will, wenn ich dich töte. Ich habe es rein zufällig gegenüber der Ausbilderin Talia erwähnt."
"Ja, das mit den achttausend weiß ich bereits. Wie ist dein Name?"
"Samson."
"Die Ausbilderin weiß, dass du der beste Jung-Krieger in ihrem Team ist. Du sollst später einmal Schüler eines Sith-Lords werden."
"Das hoffe ich. Jedenfalls erwähnte ich den Auftrag und sie meinte nur, würde ich dem nachkommen, wäre das mein Tod und sie würde mir davon abraten. Das hat mich zumindest so lange nachdenken lassen, dass ich zu spät gekommen bin. Zu spät, um zu sterben. Du hast allein gegen alle 25 gekämpft?"
Cathandra schmunzelte. "Ja, das hab ich."
"Unglaublich.", staunte Samson.
"Und - willst du dein Kopfgeld wirklich nicht?", horchte sie.
Samson lachte kraftlos. "Hey komm - wer gegen 25 Angreifer besteht... ich meine, ich bin sicherlich sehr gut, aber das hier wäre Wahnsinn."
"Gehen wir zurück.", schlug sie vor.
Sie wollte loslaufen, als sie innehielt und einen der Schüler am Boden genauer ansah.
"Oh. Trent."
"Du kennst ihn?"
"Aus meiner Gruppe. Somit sind wir nur noch vier."
"Wir sind fünf. Noch."
Samson ist gut gebaut, dachte sie. Und er sieht ähnlich gut aus wie damals Justus.
Eine Stunde später waren sie wieder in der Akademie.
Cathandra suchte Berus auf. Sie fand ihn ausnahmsweise in seinem Quartier, deren Tür er öffnete.
Entsetzt sah er sie an. Er fluchte.
"Wir müssen reden."
Sie trat ein.
"Erst fünf, jetzt 25, Berus. Was kommt als nächtes, die ganze Akademie? Aber ich muß dir danken. Auch wenn du den anderen achttausend versprochen hast, habe ich von denen fast genauso viel als Beute."
Berus war zu durcheinander, um zu antworten. Er setzte sich.
"Mein Vater und meine Mutter erwarten, dass ich als Bester abschließe und Lord Zolatas Schüler werde."
Cathandra nickte. So etwas hatte sie vermutet.
"Ich verstehe das. Einen Punkt übersiehst du aber. Hättest du heute Erfolg gehabt, und Lord Zolata hätte dich gefragt, wie du mich getötet hast, müsstest du die Wahrheit sagen. Die halbe Akademie weiß, dass du ein Kopfgeld auf mich gesetzt hattest. Hättest du Erfolg gehabt, wärst du ein ehrloser Killer. Und Lord Zolata würde dich entweder ablehnen oder töten."
Er schüttelte den Kopf. "Das spielt schon fast keine Rolle mehr. Es gibt keinen zweiten Platz. Denn dieser bedeutet den Tod. Am ersten Tag dachte ich noch, ich wäre der beste. Aber seit einigen Monaten weiß ich, dass deine Macht die meine weit übertrifft."
Sie nickte. Seine Feststellung stimmte.
"Oder du könntest die Stelle von Gondor einnehmen. Aber dazu müsstest du ihn besiegen."
"Den würde ich heute nicht schaffen.", erwiderte er. "Ob nach vier Jahren - ich weiß es nicht."
"Dann läuft wohl alles auf ein Duell zwischen uns beiden hinaus?", vermutete sie.
Berus sah zu ihr auf. "Es sieht so aus."
Cathandra blickte sich um. "Jedes Quartier wird überwacht. Also heute nicht mehr."
Berus erhob sich. "Einen Vorschlag, Cathandra. Jeder denkt sich einen Plan aus, wie er den anderen besiegen will. Und wenn es soweit ist, schauen wir, welcher Plan von uns der bessere ist."
Sie nickte. Das klang vernünftig. Cathandra öffnete die Tür.
"Man sieht sich."
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