Ich melde mich mal wieder zurück aus der kleinen Herbstpause und sollte hoffentlich wieder regelmäßiger hier etwas schreiben. Wenn es draußen schneller finster wird, kommt das von ganz alleine.
Heute möchte ich mich gerade an die jungen Menschen einmal richten. Das sind aus meiner Sicht eigentlich alle, die unter 30 Jahre alt sind und noch in der Phase im Leben sich befinden in der sie sich orientieren oder sich in irgend einer Form in der Ausbildung finden. Gerade erst vor kurzem traten zwei junge Menschen an mich heran, weil sie wieder von den Bankfinanzdienstleistern „beraten“ wurden und glücklicherweise mich um meine Meinung gebeten haben.
Es ist nämlich ein perfides Spiel dem wir unsere jungen Leute preis geben. Von allen Seiten bekommen sie immer wieder gesagt: „Du musst privat für die Rente vorsorgen!“ Die Politik sagt es, die Medien sagen es, ja sogar so manche Leute aus der Familie. Klingt ja auch alles vernünftig und sinnvoll, doch sobald diese jungen Menschen dann fragen:“Wie mache ich das am Besten?“, bricht zumeist das große Schweigen aus.
Entweder mündet es dann über die Eltern bei völlig falschen Empfehlungen und man bekommt einen Bausparvertrag aufgeschwatzt. Der hat immer schon funktioniert und schließlich will man ja auch ein Eigenheim haben. Für mich ist dies bereits der erste Schritt in eine lebenslange Abhängigkeit und Unfreiheit. Und dazu noch nicht einmal eine besonders rentable Form.
Aus purer Not treibt es die jungen Menschen dann meist zu einer Bank oder einem „Vermögensberater“, der dann wichtige Tipps fürs Leben gibt. Fonds, ein paar Versicherungen... eben alles was man zum Leben braucht. Leider betrifft dies zumeist eben nur das Leben des Beraters und ist völlig unvorteilhaft für eben den Ratsuchenden. Die Bank suggeriert Vertrauen und Kompetenz und liefert am Ende den Kunden dann ans Messer aus und lässt teilweise abstruse Produkte verkaufen. Eine Kapitallebensversicherung für einen 20 Jährigen mit Laufzeit von 65 Jahren zu 2% ... nicht garantiert, sondern nur im besten Fall.
Aus meiner Sicht liegt hier schon fast eine Straftat vor, aber die Politik treibt die jungen Menschen regelrecht in die Arme solcher Berater und beschäftigt sich lieber damit die sinnvollen Anlagen unattraktiver zu machen.
Am anderen Ende der Skala sind dann mit etwas Glück Leute wie ich, die dann zwar (halbwegs) kompetent beraten können, aber zumeist immer das große Bild gleich vor Augen haben. Wertpapiere, hier ein wenig P2P, dort eine Immobilie und natürlich auch nicht das Edelmetal vergessen. Hier hilft keine kurze Antwort, es muss ein Masterplan für die nächsten 30 Jahre her. Achso, auch Optionen kann man sich mal angucken!
Das Ergebnis ist meist dann doch, dass die jungen Leute schier erschlagen werden von den ganzen Optionen und am Ende doch eine einfache Lösung wählen. Ja, ich fasse mich da an die eigene Nase, weil ich den Gesichtsausdruck kenne, wenn man versucht einen Frischling gleich an das große Ganze heran zuführen.
Trotzdem betrübt es mich zutiefst, dass wir als Gesellschaft mit jungen Menschen ein solches Spiel spielen und sie vollkommen sich selbst überlassen. Es liegt immerhin in unser aller Interesse eine gut funktionierende Gesellschaft zu haben und nicht einen Teil sich völlig selbst zu überlassen und langsam in ihnen gären lassen, dass sie von den Älteren abgezogen werden. Daher heute einmal Realtalk an jene orientierungslose junge Menschen unter Euch (und vielleicht auch den einen oder anderen Spätzünder :))
Was Euch fast niemand sagt ist, dass ihr zwar zumeist nahezu keine Erfahrungen im Bereich der Finanzen habt und zumeist eben auch kein Geld. Das ist aber überhaupt kein Problem, da ihr eine echte Geheimwaffe in der Hinterhand habt, die keiner der älteren Menschen mehr hat: Eure Jugend. (Ich sehe schon die ersten verstöhrenden Blicke, die denken, dass ich nun Prostitution empfehlen würde... ;))
Der Mensch kommt mit Zinseszinsen nur sehr schlecht klar und kann sich nicht vorstellen, was für ein enormes Potenzial dahinter steckt. Nehmen wir an, dass ihr es schafft jeden Monat 100€ zur Seite zu legen und dieses absolut defensiv in Wertpapiere anlegt. Ich nehme hier für meine Rechnung die 4% an, die ich selbst mir als Ziel setze. 100€ ist absolut nicht viel und eigentlich von jedem mit halbwegs geregelten Einkommen zu gewährleisten.
Ein paar Spiele weniger, ein paar Kinoabends ohne Popcorn, einmal ein kleineres Handy oder einen kleinen Nebenjob. Wie auch immer, es ist nicht viel. Aber am Ende nach 50 Jahren werdet ihr auf diese Weise ein Vermögen um die 190k€ haben und somit eine zusätzliche Rente von beachtlicher Größe. Klingt nicht viel?
Die meisten Menschen schaffen es zu Lebzeiten ein Vermögen von 50k€ anzuhäufen. Ihr habt dann rund das 4fache zur Verfügung. Reich werdet ihr damit nicht, aber Armut sieht auch anders aus. Für nur 100€ pro Monat und das ein Leben lang. Spätestens dann wenn Ausbildung und Studium vorbei sind, ist das sogar gar nicht so schwer mehr zu schaffen.
Und noch einmal! Die 4% sind absolut defensiv. Die großen Indizes haben in der Vergangenheit mindestens im Schnitt 7% geschafft. In einem solchen Fall würde das Vermögen sogar auf 521k€ anwachsen. Ich verfehle meine 4% regelmäßig und schaffe 12%. Das wären dann 3,2m€ (die Zahl sieht man nicht oft bei mir hier ;)) und somit echter Reichtum. Alleine dieses Beispiel zeigt wie unglaublich mächtig bereits über die Jahre hinweg der Zinseszins werden kann.
Bleiben wir aber bei 4%. Verschiebt ihr die Rentenfrage von 20 auf 30, so fällt Eure Vermögen zur Rente auf 118k€ herab. Fast 72k€ Unterschied und somit etliche Jahre Eures Lebens, die ihr mehr arbeiten müsstet. Wartet ihr weitere 10 Jahre und fangt erst mit 40 Jahren an (was nicht selten ist...), dann sinkt es auf 69k€ herab. Realisiert ihr dies erst dann, habt ihr schon kaum noch eine Chance etwas zu verändern, weil ihr nicht mehr die Geheimwaffe Zeit auf Eurer Seite habt.
Mein Rat an junge Menschen ist daher immer, fange schleunigst an Euch finanziell zu bilden. Verliert ihr in Euren 20er 1000€, so mag das sehr schmerzhaft sein. Ihr habt allerdings sehr viel Zeit das Problem auszusitzen oder eben wieder gut zu machen. Jedes Jahr, dass ihr wartet, kostet Euch zum Ende hinaus wesentlich mehr. Nur seht ihr dies erst dann, wenn es bereits viel zu spät ist.
Wartet als nicht und versucht seicht rein zu kommen in die Thematik, allerdings fangt bereits an zu laufen und nicht es ständig weiter zu verschieben. Wer sehr unwissend auf dem Gebiet ist für den gibt es eine klare Lösung. Kaufe für 100€ (oder auch nur 50€) pro Monat stumpf einen der großen Indizes per Sparplan ein. Dabei denke ich nicht so sehr an einen Mini-Index wie den DAX, sondern eher einen S&P 500 oder einen World Index.
Ihr müsst dann nicht groß Fundamentalanalyse der Unternehmen betreiben, sondern geht einfach breit in einen Markt rein. Natürlich wird auch dieser steigen und fallen, doch bringt Euch damit nicht aus der Ruhe und kauft einfach stumpf weiter und vergesst, dass ihr das Geld liegen habt. Durch den monatlichen Nachkauf greift der Cost Average Effect, so dass ihr bei steigenden Kursen an Gewinnen erfreuen könnt und bei fallenden günstig Nachkaufen könnt.
Depot einrichten (ein paar Stunden), Index auswählen (bzw. Einen Markt an den man glaubt, ein paar Stunden), Sparplan einrichten (5 Minuten) und danach stumpf dabei bleiben. In weniger als einen Tag könnt ihr damit Eure Rente sicher einrichten ohne irgendwelche komplizierten Verträge an die ihr über Jahre gebunden seit und nicht wieder heraus kommt.
Wenn ihr irgendwann doch mal Geld braucht, könnt ihr fast jederzeit wieder heraus. Ihr müsst nicht 40 Jahre warten bis ihr das Geld wieder seht und könnt es somit an Eurer Leben anpassen. Gleichzeitig ist die Funktionsweise so einfach, dass jeder mit etwas mathematischen Grundverständnis es leisten kann. Vertraut mir da, aber es wird am Ende einen riesigen Unterschied machen.
Der Ratschlag, dass man es kaufen und dann vergessen soll funktioniert zumeist nicht. Man schaut natürlich auf den Kurs und dessen Entwicklung, doch auch dies ist positiv. Ihr bekommt plötzlich etwas vom Marktgeschehen mit oder schaut Euch Dinge genauer an. Ihr lernt die Sprache der Börse und die Funktionsweise. Was zunächst unglaublich kompliziert wirkt, wird plötzlich sehr einfach und nachvollziehbar. Dann beginnt man sich auch einmal zu fragen, wieso man eigentlich breit kauft und nicht einige Spitzenunternehmen direkt.
Idealerweise seit ihr dann bereits irgendwann mit Eurer Ausbildung durch und habt auch etwas mehr Geld. Dann kann man weitere ETFs kaufen oder Wertpapiere oder irgendwelche anderen Fancy Dinge von denen Leute wie ich immer reden. Je nachdem wieviel man dann schafft reinzulegen, umso größer wird der Hebel. Aber zumindest Eure Grundabsicherung ist dann erst einmal safe und arbeitet für Euch.
Dies ist der gut gemeinte Rat an die jungen Menschen, wenn sie mich fragen. Und ich teile dies aus tiefster Überzeugung, weil ich selbst zu jenen gehörte, die recht spät das Thema ernst genommen haben und nun eben wesentlich mehr leisten müssen um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Der Berater verkauft Euch ein Produkt und kassiert Provision dafür. Ein Weg über Wertpapiere ist absolut in Eurer Hand und ihr lernt für Eure finanzielle Freiheit Verantwortung zu übernehmen.
Eure Eltern und vielleicht auch Freunde werden bei Wertpapieren die Augen verziehen. „Da kann man viel Geld verlieren!“. Regelmäßig schreibe ich über dieses deutsche Phänomen der Wertpapier-Phobie. Verlieren tut ihr erst dann, wenn ihr verkauft. Niemand zwingt Euch in einem Crash etwas zu verkaufen. Schreibt das Geld ab und sitzt die Krisen einfach aus, IHR habt die Zeit.
Nebenbei lernt ihr etwas neues und arbeitet Euch in Wertpapiere ein und damit umzugehen. Der Weg ist wesentlich sicherer als irgendwo in eine Aktie einzukaufen, die man nur „kennt“. Man braucht anfangs ein wenig Gefühl für Finanzen und kann sich dann langsam Euch in weitere Themen einarbeiten und diversifizieren. Aber lasst erstmal etwas laufen, bevor ihr Euch einarbeitet und Zeit dort einbringt.
Natürlich kommt am Ende auch noch die Kapitalsteuer drauf und alle Werte von ihr werden möglicherweise mit 25% Steuer belegt sein, vielleicht etwas mehr, vielleicht auch weniger. Aber wenn ihr auf Eure Lebensversicherung oder BAV Sozialabgaben zahlt, werdet ihr darüber liegen. Und auch die Lohnarbeit wird üblicherweise wesentlich heftiger besteuert.
Verschiebe es nicht ständig! Werde JETZT aktiv, es wird am Ende einen riesigen Unterschied aus machen! Sollte die staatliche Rente am Ende dann doch überraschend gut ausfallen... umso besser. Aber einem 20-jährigen Hoffnung machen, dass er davon leben kann, ist einfach nur fahrlässig. Und zu sagen, dass einem die Bank bei der Rente helfen kann, mehr als naiv.
Natürlich der übliche Disclaimer. Ich bin kein Berater und kann auch nicht in die Zukunft blicken. Vielleicht geht unsere Weltwirtschaft in die Binsen, who knows. Aber wenn dies 50 Jahre anhaltet, werdet ihr ohnehin ein sehr klägliches Leben führen. Sollte es aber anders kommen, wird das Thema Altersarmut für Euch ein Fremdwort sein. Mit einem Betrag, der eigentlich von jedem zu leisten ist.
Für mich ist die beste Investition ein eigenes Haus bzw. Wohnung. Mietfrei leben macht später vieles leichter, da das Einkommen (Rente) "nur" Nebenkosten und Instanthaltungskosten decken muss. Auch bleibt das Kapital so leichter in der Familie und spätere Generationen können davon Profitieren. Aber das ist auch nicht für jeden was^^
LG
Das würde ich so pauschal gar nicht unterschreiben wollen. "Mietfrei leben", da wird jeder Immobilienbesitzer einmal schmunzeln müssen, wenn mal wieder die Grundsteuer erhöht wurde oder eine Kernsanierung der Straße vor der Haustür ansteht. Tatsächlich ist die "Wohnung auf Pump in der Pampas" eine der großen Mittelstandsfallen. Dies jungen Menschen in den Kopf zu pflanzen halte ich nicht für sinnvoll. Wenn das Leben dann irgendwann in geordneten Bahnen läuft und die Familienplanung vorbei ist, wird man da wesentlich einfacher etwas passendes finden. Ansonsten trifft man hier eine wirklich wichtige Entscheidung, die nur sehr schwer zu revidieren ist, wenn sich Lebensumstände einmal ändern.
Aber ich will deinen Gedanken gar nicht in Abrede stellen. Es kommt dort aber eben vorwiegend auf das "wo" an. Aktuell sind die Preise in einigen Gegenden wirklich aberwitzig und ich würde tatsächlich lieber dort zur Miete wohnen. Wer das Glück hatte, dass seine Eltern entsprechend die Chance früher genutzt haben, kann durchaus sehr glücklich schätzen. Aber ich bin eben auch kein Freund von "Betongold" und wenn dann eher zum Vermieten.
Wie bei allem kommt es am Ende eben auch immer darauf an, wie sich der Markt weiter entwickelt und da hat niemand eine Glaskugel.
Bitte die wieder mal vor der Tür stehende Zwangshypothek (letztes mal 50 %!) beachten!!
Wie passend das du jetzt über dieses Thema schriebst! Ich bin nämlich 22 Jahre alt und frisch aus der Ausbildung raus. Und hab mich jetzt nur ein wenig darüber informiert, aber bin auch zu dem Entschluss gekommen über die Jahre in Fonds zu zahlen.
Die BW Bank empfiehl mir in die LBBW Multi global Plus zu investieren, anscheinend vom der Risikobereitschaft relativ gering.
Empfiehlst du mir die Empfehlungen von der Bank nachzugehen oder wie genau würdest du nun vorgehen?
Außerdem spar ich monatlich etwas auf ein tagesgeldkonto.
Schön mal wieder was von dir zu lesen und dann gleich so ein super Text.
Die Welt der Weltmärkte sollte viel mehr an den Gesamtchulen gelehrt werden.
Das Thema Geld und Wertpapiere sollt auch kein Tabuthema sein aber grad die älteren schüren die Angst.
Telekom und der neue Markt haben wohl viele verschreckt.
Danke :) Schön auch hier nach der Pause immer noch bekannte Gesichter wieder zu sehen
Viel mehr noch: Finanzen im Allgemeinen. Es ist schon schockierend wie sehr viele Leute bereits mit Prozentrechnung überfordert sind. Gerade als Unterstützungsfach für Mathematik könnte man da sehr viel einstreuen, was wirklich im Leben hilft und auch zeigen, dass es sinnvolle Anwendungsfälle für all die Theorie gibt.
Vermutlich. Aber die Angst war ja auch schon vorher da. Von daher verstehe ich es immer noch nicht endgültig. Die Angst vor Verlust ist einfach unglaublich groß und viele verstehen nicht einmal wie Aktien funktionieren. Da hört man haarsträubende Geschichten wie z.b. das die Unternehmen die Kurse festlegen und dann runtersetzen, damit sie die Marge einstreichen können. Würde ich das glauben, würde ich auch keine Aktien kaufen. Sagt man dann, dass es eine Unternehmensbeteiligung ist, finden die meisten es gar nicht mehr so schlimm. Ich fürchte daher, dass es doch primär Desinformation ist und gar nicht die Angst vor selbsterlebten Verlusten der "Volksaktien".
Leider habe ich meine Investitionen in letzter Zeit vernachlässigt. (Schande über mich)
Eigentlich wollte ich schon länger mal Aktien ins Portfolio holen, da meine Investitionen insgesamt eher als riskant eingestuft werden sollten. Daher wären Aktien als Gegenmassnahme gar nicht so schlecht.
Sei Dir gewiss. Man altert schneller als man es zunächst für möglich hält und die Zeit scheint auch immer schneller zu vergehen ;)
lach Mit der Aussage solltest Du tatsächlich mal zum Bankberater gehen. Allerdings vergiss bitte nicht von seinem Gesicht ein Foto zu machen ^^
Aber ich verstehe es schon. Ja, ich denke ein paar defensive Aktien können da durchaus ein wenig Ruhe reinbringen. Zumal eben ein regelmäßiger Cashflow auch gut für die Psyche ist. Ich bin immer kein Fachmann für Steuern in der Schweiz, aber wenn ich es richtig verstehe, gibt es bei Euch ja keine Kapitalertragssteuer, sondern nur diese Verrechnungssteuer. Die sollte aber gerade für kleinere Vermögen recht positiv auswirken.
Die Verrechnungssteuer ist eine Quellsteuer, welche Steuerhinterziehung vermeiden soll. Sie wird normalerweise zurückerstattet wenn man die Aktien in der Steuererklärung deklariert. Ich glaube letztendlich werden Aktien mit der Einkommenssteuer besteuert.
Allerdings bin ich da auch nicht so richtig gut informiert.