Adolf Hitler / Mein Kampf (Band 2, Kapitel 15.)

in #deutsch6 years ago

15 . Kapitel
Notwehr als Recht
Mit der Waffenniederlegung im November 1918 wurde eine Politik eingeleitet, die nach menschlicher Vor- aussicht langsam zur vollständigen Unterwerfung führen mußte. Geschichtliche Beispiele ähnlicher Art zeigen, daß Völker, die erst ohne zwingende Gründe die Waffen strek-ken, in der Folgezeit lieber die größten Demütigungen und Erpressungen hinnehmen, als durch einen erneuten Appell an die Gewalt eine Änderung ihres Schicksals zu versuchen.
Dies ist menschlich erklärlich. Ein kluger Sieger wird seine Forderungen, wenn möglich, immer in Teilen dem Besiegten auferlegen. Er darf dann bei einem charakterlos gewordenen Volk – und dies ist ein jedes sich freiwillig unterwerfende – damit rechnen, daß es in jeder dieser Einzelunterdrückungen keinen genügenden Grund mehr empfindet, um noch einmal zur Waffe zu greifen. Je mehr Erpressungen aber auf solche Art willig angenommen wer-den, um so ungerechtertigter erscheint es dann den Men-schen, wegen einer neuen, scheinbar einzelnen, aber aller-dings immer wiederkehrenden Bedrückung sich endlich doch zur Wehr zu setzen, besonders wenn man, alles zusammen-gerechnet, ohnehin schon so viel mehr und größeres Un-glück schweigend und duldend ertrug.
Karthagos Untergang ist die schrecklichste Darstellung einer solchen langsamen selbstverschuldeten Hinrichtung eines Volkes.
In seinen „Drei Bekenntnissen“ greift deshalb auch Clausewitz in unvergleichlicher Weise diesen Gedanken her-aus und nagelt ihn fest für alle Zeiten, indem er spricht:
„daß der Schandfleck einer feigen Unterwerfung nie zu
Feige Unterwerfung brachte keine Gnade 760
verwischen ist; daß dieser Gifttropfen in dem Blute eines Volkes in die Nachkommenschaft übergeht und die Kraft später Geschlechter lähmen und untergraben wird“; daß demgegenüber „selbst der Untergang dieser Freiheit nach einem blutigen und ehrenvollen Kampf die Wiedergeburt des Volkes sichert und der Kern des Lebens ist, aus dem einst ein neuer Baum die sichere Wurzel schlägt“.
Natürlich wird sich eine ehr- und charakterlos gewordene Nation um solche Lehre nicht kümmern. Denn wer sie be-herzigt, kann ja gar nicht so tief sinken, sondern es bricht nur zusammen, wer sie vergißt oder nicht mehr wissen will. Daher darf man bei den Trägern einer charakterlosen Unterwerfung nicht erwarten, daß sie plötzlich in sich gehen, um auf Grund der Vernunft und aller menschlichen Erfah-rung anders zu handeln als bisher. Im Gegenteil, gerade diese werden jede solche Lehre weit von sich weisen, so lange, bis entweder das Volk sein Sklavenjoch endgültig gewohnt ist oder bis bessere Kräfte an die Oberfläche drän-gen, um dem verruchten Verderber die Gewalt aus den Händen zu schlagen. Im ersten Fall pflegen sich diese Men-schen gar nicht so schlecht zu fühlen, da sie von den klugen Siegern nicht selten das Amt der Sklavenaufseher über-tragen erhalten, das diese charakterlosen Naturen dann über ihr eigenes Volk auch meist unbarmherziger ausüben als irgendeine vom Feinde selbst hineingesetzte fremde Bestie.
Die Entwicklung seit dem Jahre 1918 zeigt uns nun an, daß in Deutschland die Hoffnung, durch freiwillige Unterwer-fung die Gnade der Sieger gewinnen zu können, leider in verhängnisvoller Weise die politische Einsicht und das Handeln der breiten Masse bestimmt. Ich möchte deshalb den Wert auf die Betonung der breiten Masse legen, weil ich mich nicht zur Überzeugung zu bekennen vermag, daß das Tun und Lassen der Führer unseres Volkes etwa dem gleichen verderblichen Irrwahn zuzuschreiben sei. Da die Leitung unserer Geschicke seit Kriegsende, nun- mehr ganz unverhüllt, durch Juden besorgt wird, kann man wirklich nicht annehmen, daß nur fehlerhafte Erkennt-nis die Ursache unseres Unglücks sei, sondern man muß im
7 Jahre bis 1813 – 7 Jahre bis Locarno 761
Gegenteil der Überzeugung sein, daß bewußte Absicht unser Volk zugrunde richtet. Und sowie man erst von diesem Gesichtspunkt aus den scheinbaren Wahnsinn der außen-politischen Leitung unseres Volkes überprüft, enthüllt er sich als höchst raffinierte, eisig kalte Logik im Dienste des jüdischen Welteroberungsgedankens und -kampfes.
So erscheint es auch begreiflich, daß dieselbe Zeitspanne, die 1806 bis 1813 genügt hatte, um das gänzlich zusammen-gebrochene Preußen mit neuer Lebensenergie und Kampf-entschlossenheit zu erfüllen, heute nicht nur ungenützt ver-strichen ist, sondern im Gegenteil zu einer immer größeren Schwächung unseres Staates geführt hat.
Sieben Jahre nach dem November 1918 wurde der Ver- trag von Locarno unterzeichnet!
Der Hergang war dabei der oben schon angedeutete: So-wie man einmal den schandbaren Waffenstillstand unter-schrieben hatte, brachte man weder die Tatkraft noch den Mut auf, den sich später immer wiederholenden Unterdrük-kungsmaßnahmen der Gegner nun plötzlich Widerstand ent-gegenzusetzen. Diese aber waren zu klug, auf einmal zuviel zu fordern. Sie beschränkten ihre Erpressungen stets auf jenen Umfang, der ihrer eigenen Meinung nach – und der unserer deutschen Führung – augenblicklich noch so weit erträglich sein würde, daß eine Explosion der Volksstim-mung dadurch nicht befürchtet zu werden brauchte. Je mehr aber an solchen einzelnen Diktaten unterschrieben und hin-untergewürgt worden waren, um so weniger schien es ge-rechtfertigt, wegen einer einzelnen weiteren Erpressung oder verlangten Entwürdigung nun plötzlich das zu tun, was man wegen vieler anderer nicht tat: Widerstand zu leisten. Dies ist eben jener „Gifttropfen“, von dem Clause-witz spricht: die zuerst begangene Charakterlosigkeit, die sich selbst immer weiter steigern muß und die allmählich als schlimmstes Erbe jeden künftigen Entschluß belastet. Sie kann zum furchtbaren Bleigewicht werden, das ein Volk dann kaum mehr abzuschütteln vermag, sondern von dem es endgültig hinuntergezogen wird in das Dasein einer Sklavenrasse.
Verfolgung unliebsamer Warner 762
So wechselten auch in Deutschland Entwaffnungs- und Versklavungsedikte, politische Wehrlosmachung und wirt-schaftliche Ausplünderung miteinander ab, um endlich moralisch jenen Geist zu erzeugen, der im Dawesgutachten ein Glück und im Vertrag von Locarno einen Erfolg zu sehen vermag. Man kann dann freilich, von einer höheren Warte aus betrachtet, von einem einzigen Glück in diesem Jammer reden, dem Glück, daß man wohl Menschen be-tören, den Himmel aber nicht bestechen konnte. Denn dessen Segen blieb aus: Not und Sorge sind seitdem die ständigen Begleiter unseres Volkes geworden, und unser einziger treuer Verbündeter ist das Elend. Das Schicksal hat auch in diesem Falle keine Ausnahme gemacht, sondern uns ge-geben, was wir verdienten. Da wir die Ehre nicht mehr zu schätzen wissen, lehrt es uns wenigstens die Freiheit am Brote würdigen. Nach Brot haben die Menschen nun schon zu rufen gelernt, um Freiheit aber werden sie eines Tages noch beten.
So bitter und so ersichtlich der Zusammenbruch unseres Volkes in den Jahren nach 1918 auch war, so entschlossen hatte man gerade in dieser Zeit jeden auf das heftigste ver-folgt, der sich unterstand, das, was später immer eingetrof-fen ist, schon damals zu prophezeien. So erbärmlich schlecht die Leitung unseres Volkes gewesen ist, ebenso eingebildet war sie auch, und besonders dann, wenn es sich um das Ab-tun unliebsamer, weil unangenehmer Warner handelte. Da konnte man es (und man kann es auch heute noch!) erleben, daß sich die größten parlamentarischen Strohköpfe, wirkliche Gevatter Sattlermeister und Handschuhmacher – nicht bloß dem Beruf nach, was gar nichts sagen würde – plötzlich auf das Piedestal des Staatsmannes emporhoben, um von dort herunter dann die kleinen Sterblichen abzukanzeln. Es tat und tut dabei gar nichts zur Sache, daß ein solcher „Staatsmann“ zumeist schon im sechsten Monat seiner Kunst als der windigste Murkser, vom Spott und Hohn der ganzen übrigen Welt umhallt, entlarvt ist, weder ein noch aus weiß und den untrüglichen Beweis für seine vollständige Un-fähigkeit schlagend erbracht hat! Nein, das tut gar nichts
Frankreichs unverrückbares Kriegsziel 763
zur Sache, im Gegenteil: je mehr es den parlamentarischen Staatsmännern dieser Republik an wirklichen Leistungen gebricht, um so wütender verfolgen sie dafür diejenigen, die Leistungen von ihnen erwarten, die das Versagen ihrer bisherigen Tätigkeit festzustellen sich erfrechen und den Mißerfolg ihrer zukünftigen voraussagen. Nagelt man aber einen solchen parlamentarischen Ehrenmann einmal end-gültig fest, und kann der Staatskünstler dann wirklich den Zusammenbruch seiner ganzen Tätigkeit und ihrer Ergeb-nisse nicht mehr wegleugnen, dann finden sie tausend und aber tausend Gründe der Entschuldigung für ihre Nicht-erfolge und wollen nur einen einzigen nicht zugeben, daß sie selbst der Hauptgrund alles Übels sind.
Spätestens im Winter 1922/23 hätte man allgemein ver-stehen müssen, daß sich Frankreich auch nach dem Friedens-schluß mit eiserner Konsequenz bemühe, sein ihm ursprüng-lich vorschwebendes Kriegsziel doch noch zu erreichen. Denn niemand wird wohl glauben, daß Frankreich im entschei-dendsten Ringen seiner Geschichte viereinhalb Jahre lang das an sich nicht zu reiche Blut seines Volkes einsetzte, nur um später die vorher angerichteten Schäden durch Repara-tionen wieder vergütet zu erhalten. Selbst Elsaß- Lothringen allein würde noch nicht die Energie der französischen Kriegsführung erklären, wenn es sich nicht dabei schon um einen Teil des wirklich großen politischen Zukunftsprogram-mes der französischen Außenpolitik gehandelt hätte. Dieses Ziel aber heißt: Auflösung Deutschlands in ein Gemengsel von Kleinstaaten. Dafür hat das chauvinistische Frankreich gekämpft, wobei es allerdings sein Volk in Wahrheit als Landsknechte dem internationalen Weltjuden verkaufte.
Dieses französische Kriegsziel wäre schon durch den Krieg an sich zu erreichen gewesen, wenn, wie man anfangs zu Paris hoffte, der Kampf sich auf deutschem Boden abge-spielt hätte. Man stelle sich vor, daß die blutigen Schlach-ten des Weltkrieges nicht an der Somme, in Flandern, im Artois, vor Warschau, Iwangorod, Kowno, Riga
Frankreichs unverrückbares politisches Ziel 764
und wo sonst überall stattgefunden hätten, sondern in Deutschland, an der Ruhr und am Main, an der Elbe, vor Hannover, Leipzig, Nürnberg usw., und man wird wohl zustimmen müssen, daß die Möglichkeit einer Zertrümme-rung Deutschlands gegeben gewesen wäre. Es ist sehr frag-lich, ob unser junger föderativer Staat viereinhalb Jahre lang die gleiche Belastungsprobe ausgehalten hätte wie das seit Jahrhunderten stramm zentralisierte und nur nach dem unumstrittenen Mittelpunkt Paris sehende Frankreich. Daß dieses gewaltigste Völkerringen sich außerhalb der Grenzen unseres Vaterlandes abrollte, war nicht nur das unsterbliche Verdienst des einzigen alten Heeres, sondern auch das größte Glück für die deutsche Zukunft. Es ist meine felsenfeste, mich manches Mal fast beklemmende innere Überzeugung, daß es im anderen Falle heute schon längst kein Deutsches Reich, sondern nur mehr „deutsche Staaten“ gäbe. Dies ist auch der einzige Grund, warum das Blut unserer gefallenen Freunde und Brüder wenigstens nicht ganz umsonst geflossen ist.
So kam alles anders! Wohl brach Deutschland im No-vember 1918 blitzschnell zusammen. Allein, als die Kata-strophe in der Heimat eintrat, standen die Armeen des Feldheeres noch tief in feindlichen Landen. Die erste Sorge Frankreichs war damals nicht Deutschlands Auflösung, son-dern vielmehr die: Wie bringt man die deutschen Armeen möglichst schnell aus Frankreich und Belgien hinaus? Und so war für die Pariser Staatsleitung die erste Aufgabe zur Beendigung des Weltkrieges, die deutschen Armeen zu ent-waffnen und, wenn möglich, zunächst nach Deutschland zu-rückzudrängen; und erst in zweiter Linie konnte man sich der Erfüllung des ursprünglichen und eigentlichen Kriegs-zieles widmen. Allerdings war Frankreich darin bereits gelähmt. In England war mit der Vernichtung Deutsch- lands als Kolonial- und Handelsmacht und dessen Her-unterdrückung in den Rang eines Staates zweiter Klasse der Krieg wirklich siegreich beendet. Ein Interesse an der restlosen Ausmerzung des deutschen Staates besaß man nicht nur nicht, sondern hatte sogar allen Grund, einen
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Rivalen gegen Frankreich in Europa für die Zukunft zu wünschen. So mußte die französische Politik erst in ent-schlossener Friedensarbeit fortsetzen, was der Krieg ange-bahnt hatte, und Clemenceaus Ausspruch, daß für ihn auch der Friede nur die Fortsetzung des Krieges sei, bekam er-höhte Bedeutung.
Dauernd, bei jedem möglichen Anlaß, mußte man das Reichsgefüge erschüttern. Durch die Auferlegung immer neuer Entwaffnungsnoten einerseits und durch die hierdurch ermöglichte wirtschaftliche Auspressung andererseits hoffte man in Paris, das Reichsgefüge langsam lockern zu können. Je mehr die nationale Ehre in Deutschland abstarb, um so eher konnten der wirtschaftliche Druck und die ewige Not zu politisch destruktiven Wirkungen führen. Eine solche Poli-tik politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Aus-plünderung, zehn und zwanzig Jahre durchgeführt, muß allmählich selbst den besten Staatskörper ruinieren und unter Umständen auflösen. Damit aber ist das französische Kriegsziel dann endgültig erreicht.
Dies mußte man im Winter 1922/23 doch schon längst als Frankreichs Absicht erkannt haben. Damit blieben aber nur zwei Möglichkeiten übrig: Man durfte hoffen, ent- weder den französischen Willen an der Zähigkeit des deut-schen Volkskörpers allmählich stumpf zu machen oder ein-mal endlich zu tun, was doch nicht ausbleiben kann, nämlich bei irgendeinem besonders krassen Fall das Steuer des Reichsschiffes herumzureißen und die Ramme gegen den Feind zu kehren. Dies bedeutete dann allerdings einen Kampf auf Leben und Tod, und Aussicht zum Leben war nur vorhanden, wenn es vorher gelang, Frankreich so weit zu isolieren, daß dieser zweite Kampf nicht mehr ein Ringen Deutschlands gegen die Welt sein mußte, sondern eine Ver-teidigung Deutschlands gegen das die Welt und ihren Frie-den dauernd störende Frankreich darstellte.
Ich betone es und bin fest davon überzeugt, daß dieser zweite Fall einmal so oder so kommen muß und kommen wird. Ich glaube niemals daran, daß sich Frankreichs Ab-sichten uns gegenüber je ändern könnten, denn sie liegen
Endgültige Auseinandersetzung mit Frankreich 766
im tiefsten Grunde nur im Sinne der Selbsterhaltung der französischen Nation. Wäre ich selbst Franzose und wäre mir somit Frankreichs Größe so lieb, wie mir die Deutsch-lands heilig ist, so könnte und wollte auch ich nicht anders handeln, als es am Ende ein Clemenceau tut. Das nicht nur in seiner Volkszahl, sondern besonders in seinen rassisch besten Elementen langsam absterbende Franzosentum kann sich seine Bedeutung in der Welt auf die Dauer nur er- halten bei Zertrümmerung Deutschlands. Die französische Politik mag tausend Umwege machen, irgendwo am Ende wird immer dieses Ziel als Erfüllung letzter Wünsche und tiefster Sehnsucht vorhanden sein. Es ist aber unrichtig, zu glauben, daß ein rein passiver, nur sich selbst er-halten wollender Wille einem nicht minder kraftvollen, aber aktiv vorgehenden auf die Dauer Widerstand leisten könnte. Solange der ewige Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich nur in der Form einer deutschen Abwehr gegenüber französischem Angriff ausgetragen wird, wird er niemals entschieden werden, wohl aber wird Deutschland von Jahrhundert zu Jahrhundert eine Position nach der an-deren verlieren. Man verfolge das Wandern der deutschen Sprachgrenze vom zwölften Jahrhundert angefan-gen bis heute, und man wird wohl schwerlich mehr auf den Erfolg einer Einstellung und Entwicklung bauen, die uns bisher schon so viel Schaden gebracht hat.
Erst wenn dies in Deutschland vollständig begriffen sein wird, so daß man den Lebenswillen der deutschen Nation nicht mehr in bloß passiver Abwehr verkümmern läßt, son-dern zu einer endgültigen aktiven Auseinandersetzung mit Frankreich zusammenrafft und in einen letzten Entschei-dungskampf mit deutscherseits größten Schlußzielen hinein-wirft: erst dann wird man imstande sein, das ewige und an sich so unfruchtbare Ringen zwischen uns und Frank-reich zum Abschluß zu bringen; allerdings unter der Voraus-setzung, daß Deutschland in der Vernichtung Frankreichs wirklich nur ein Mittel sieht, um danach unserem Volke
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endlich an anderer Stelle die mögliche Ausdehnung geben zu können. Heute zählen wir achtzig Millionen Deutsche in Europa! Erst dann aber wird jene Außenpolitik als richtig anerkannt werden, wenn nach kaum hundert Jahren zwei-hundertfünfzig Millionen Deutsche auf diesem Kontinent leben werden, und zwar nicht zusammengepreßt als Fabrik-kulis der anderen Welt, sondern: als Bauern und Ar- beiter, die sich durch ihr Schaffen gegenseitig das Leben gewähren.
Im Dezember 1922 schien die Situation zwischen Deutsch-land und Frankreich wieder zu bedrohlicher Schärfe zu-gespitzt. Frankreich hatte neue ungeheure Erpressungen im Auge und brauchte dazu Pfänder. Der wirtschaftlichen Aus-plünderung mußte ein politischer Druck vorangehen, und nur ein gewaltsamer Griff in die Nervenzentrale unseres gesamten deutschen Lebens schien den Franzosen als genü-gend, um unser „widerspenstiges“ Volk unter schärferes Joch nehmen zu können. Mit der Besetzung des Ruhrgebietes hoffte man in Frankreich nicht nur das moralische Rückgrat Deutschlands endgültig zu durchbre-chen, sondern uns auch wirtschaftlich in eine Zwangslage zu versetzen, in der wir jede, auch die schwerste Verpflichtung wohl oder übel würden übernehmen müssen.
Es ging auf Biegen und Brechen. Und Deutschland bog sich gleich zu Beginn, um später dann beim vollständigen Bruch zu enden.
Mit der Besetzung des Ruhrgebietes hat das Schicksal noch einmal dem deutschen Volk die Hand zum Wieder-aufstieg geboten. Denn was im ersten Augenblick als schwe-res Unglück erscheinen mußte, umschloß bei näherer Be-trachtung die unendlich verheißende Möglichkeit zur Be-endigung des deutschen Leidens überhaupt.
Außenpolitisch hat die Ruhrbesetzung Frankreich zum erstenmal England wirklich innerlich entfremdet, und zwar nicht nur den Kreisen der britischen Diplomatie, die das französische Bündnis an sich nur mit dem nüchternen Auge kalter Rechner geschlossen, angesehen und aufrechterhalten hatten, sondern auch weitesten Kreisen des englischen Volkes.
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Besonders die englische Wirtschaft empfand mit schlecht ver-hehltem Unbehagen diese weitere unglaubliche Stärkung der kontinentalen französischen Macht. Denn nicht nur, daß Frankreich, rein militärpolitisch betrachtet, nun eine Stel-lung in Europa einnahm, wie sie vordem selbst Deutschland nicht besessen hatte, erhielt es nun auch wirtschaftlich Unterlagen, die seine politische Konkurrenzfähigkeit wirt-schaftlich fast mit einer Monopolstellung verbanden. Die größeren Eisengruben und Kohlenfelder Europas waren damit vereint in den Händen einer Nation, die ihre Lebens-interessen, sehr zum Unterschied von Deutschland, bisher ebenso entschlossen wie aktivistisch wahrgenommen hatte, und die ihre militärische Zuverlässigkeit in dem großen Krieg aller Welt in frische Erinnerung brachte. Mit der Besetzung der Ruhrkohlenfelder durch Frankreich wurde England sein ganzer Erfolg des Krieges wieder aus der Hand gewunden, und Sieger war nun nicht mehr die emsige und rührige britische Diplomatie, sondern Marschall Foch und sein durch ihn vertretenes Frankreich.
Auch in Italien schlug die Stimmung gegen Frankreich, die ohnehin seit Kriegsende nicht mehr gerade rosig war, nun in einen förmlichen Haß um. Es war der große ge-schichtliche Augenblick, in dem die Verbündeten von einst Feinde von morgen sein konnten. Wenn es doch anders kam und die Verbündeten nicht, wie im zweiten Balkan-krieg, nun plötzlich untereinander in Fehde gerieten, dann war dies nur dem Umstand zuzuschreiben, daß Deutschland eben keinen Enver Pascha besaß, sondern einen Reichs-kanzler Cuno.
Allein nicht nur außenpolitisch, sondern auch innerpoli-tisch war für Deutschland der Ruhreinfall der Franzosen von größter Zukunftsmöglichkeit. Ein beträchtlicher Teil unseres Volkes, der, dank unausgesetzten Einflusses seiner lügenhaften Presse, Frankreich noch immer als den Kämp- fer für Fortschritt und Liberalität ansah, wurde von die- sem Irrwahn jäh geheilt. So wie das Jahr 1914 die Träume internationaler Völkersolidarität aus den Köpfen unserer deutschen Arbeiter verscheucht hatte und sie plötz-
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lich zurückführte in die Welt des ewigen Ringens, da sich allüberall ein Wesen vom anderen nährt und der Tod des Schwächeren das Leben des Stärkeren bedeutet, so auch das Frühjahr 1923.
Als der Franzose seine Drohungen wahr machte und end-lich im niederdeutschen Kohlengebiet, erst noch sehr vor-sichtig und zaghaft, einzurücken begann, da hatte für Deutschland eine große, entscheidende Schicksalsstunde ge-schlagen. Wenn in diesem Augenblick unser Volk einen Wandel seiner Gesinnung verband mit einer Änderung der bisherigen Haltung, dann konnte das deutsche Ruhrgebiet für Frankreich zum napoleonischen Moskau werden. Es gab ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder man ließ sich auch das noch gefallen und tat nichts, oder man schuf dem deutschen Volk, mit dem Blick auf das Gebiet der glühen-den Essen und qualmenden Öfen, zugleich den glühenden Willen, diese ewige Schande zu beenden und lieber den Schrecken des Augenblicks auf sich zu nehmen, als den endlosen Schrecken weiter zu ertragen.
Einen dritten Weg entdeckt zu haben, war das „unsterb-liche Verdienst“ des damaligen Reichskanzlers Cuno, und ihn bewundert und mitgemacht zu haben, das noch „ruhm-vollere“ unserer bürgerlichen Parteienwelt.
Ich will hier zuerst den zweiten Weg, so kurz als nur möglich, einer Betrachtung unterziehen:
Mit der Besetzung des Ruhrgebietes hatte Frankreich einen eklatanten Bruch des Versailler Vertrages vollzogen. Es hatte sich damit auch in Gegensatz gestellt zu einer Reihe von Garantiemächten, besonders aber zu England und Italien. Irgendwelche Unterstützung von diesen Staaten für seinen egoistischen eigenen Raubzug konnte Frankreich nicht mehr erhoffen. Das Abenteuer, und ein solches war es zu-nächst, mußte es also selbst zu irgendeinem glücklichen Ende bringen. Für eine nationale deutsche Regierung konnte es nur einen einzigen Weg geben, nämlich den, den die Ehre vorschrieb. Es war sicher, daß man zunächst nicht mit aktiver
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Waffengewalt Frankreich entgegentreten konnte; allein es war notwendig, sich klarzumachen, daß alles Verhandeln ohne Macht hinter sich lächerlich und unfruchtbar sein würde. Es war unsinnig, sich ohne Möglichkeit eines aktiven Widerstandes auf den Standpunkt zu stellen: „Wir gehen zu keiner Verhandlung"; aber es war noch viel unsinniger, dann endlich doch zur Verhandlung zu gehen, ohne sich unterdes eine Macht geschaffen zu haben.
Nicht als ob man die Ruhrbesetzung durch militä-rische Maßnahmen hätte verhindern können. Nur ein Wahnsinniger konnte zu einem solchen Entschlusse raten. Allein unter dem Eindrucke dieser Aktion Frank-reichs und während der Zeit ihrer Ausführung konnte und mußte man darauf bedacht sein, ohne Rücksicht auf den von Frankreich selbst zerfetzten Vertrag von Versailles, sich derjenigen militärischen Hilfsmittel zu versichern, die man später den Unterhändlern auf ihren Weg mitgeben konnte. Denn das war von Anfang an klar, daß eines Tages über dieses von Frankreich besetzte Gebiet an irgendeinem Konferenztisch entschieden werden würde. Aber ebenso klar mußte man sich darüber sein, daß selbst die besten Unterhändler wenig Erfolge zu erringen vermögen, so- lange der Boden, auf dem sie stehen, und der Stuhl, auf dem sie sitzen, nicht der Schildarm ihres Volkes ist. Ein schwaches Schneiderlein kann nicht mit Athleten disputie-ren, und ein wehrloser Unterhändler mußte noch immer das Schwert des Brennus auf der feindlichen Waagschale dulden, wenn er nicht sein eigenes zum Ausgleich hinein-zuwerfen hatte. Oder war es nicht wirklich ein Jammer, die Verhandlungskomödien ansehen zu müssen, die seit dem Jahre 1918 immer den jeweiligen Diktaten vorange-gangen waren? Dieses entwürdigende Schauspiel, das man der ganzen Welt bot, indem man uns, wie zum Hohne, zu-erst an den Konferenztisch lud, um uns dann längst fertige Entschlüsse und Programme vorzulegen, über die wohl ge-redet werden durfte, die aber von vornherein als unab-änderlich angesehen werden mußten. Freilich, unsere Unter-händler standen kaum in einem einzigen Falle über dem
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bescheidensten Durchschnitt und rechtfertigten meist nur zu sehr die freche Äußerung Lloyd Georges, der angesichts des ehemaligen Reichsministers Simon höhnisch bemerkte, „daß die Deutschen nicht verstünden, sich Männer von Geist als Führer und Vertreter zu wählen“. Allein selbst Genies hätten angesichts des entschlossenen Machtwillens des feindlichen und der jammervollen Wehrlosigkeit des eige-nen Volkes in jeder Beziehung nur wenig erreichen können.
Wer aber im Frühjahr 1923 die Ruhrbesetzung Frank-reichs zum Anlaß einer Wiederherstellung militärischer Machtmittel nehmen wollte, der mußte zunächst der Na- tion die geistigen Waffen geben, die Willenskraft stärken und die Zersetzer dieser wertvollsten nationalen Stärke vernichten.
So wie es sich im Jahre 1918 blutig gerächt hat, daß man 1914 und 1915 nicht dazu überging, der marxistischen Schlange einmal für immer den Kopf zu zertreten, so mußte es sich auch auf das unseligste rächen, wenn man im Frühjahr 1923 nicht den Anlaß wahrnahm, den marxisti-schen Landesverrätern und Volksmördern endgültig das Handwerk zu legen.
Jeder Gedanke eines wirklichen Widerstandes gegen Frankreich war blanker Unsinn, wenn man nicht denjeni- gen Kräften den Kampf ansagte, die fünf Jahre vorher den deutschen Widerstand auf den Schlachtfeldern von innen her gebrochen hatten. Nur bürgerliche Gemüter konnten sich zur unglaublichen Meinung durchringen, daß der Mar-xismus jetzt vielleicht ein anderer geworden wäre, und daß die kanaillösen Führerkreaturen des Jahres 1918, die da- mals zwei Millionen Tote eiskalt mit Füßen traten, um besser in die verschiedenen Regierungsstühle hineinklettern zu können, jetzt im Jahre 1923 plötzlich dem nationalen Gewissen ihren Tribut zu leisten bereit seien. Ein unglaub-licher und wirklich sinnloser Gedanke, die Hoffnung, daß die Landesverräter von einst plötzlich zu Kämpfern für eine deutsche Freiheit werden würden! Sie dachten gar nicht daran! So wenig eine Hyäne vom Aase läßt, so wenig ein Marxist vom Vaterlandsverrat.
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Man bleibe mit dem dümmsten Einwand gefälligst weg, daß doch so viele Arbeiter einst auch für Deutschland geblutet hätten. Deutsche Arbeiter, jawohl, aber dann waren es eben keine internationalen Marxisten mehr. Hätte im Jahre 1914 die deutsche Arbeiterschaft ihrer inneren Einstellung nach noch aus Marxisten bestanden, so wäre der Krieg nach drei Wochen zu Ende gewesen. Deutschland wäre zusammengebrochen, ehe der erste Soldat seinen Fuß nur über die Grenze gesetzt hatte. Nein, daß damals das deutsche Volk noch kämpfte, bewies, daß der marxistische Irrwahn sich noch nicht bis zur letzten Tiefe einzufressen vermocht hatte. In eben dem Maße aber, in dem im Laufe des Krieges der deutsche Arbeiter und deutsche Soldat wieder in die Hand der marxistischen Führer zurückkehrte, in eben dem Maße ging er dem Vaterland verloren. Hätte man zu Kriegsbeginn und während des Krieges einmal zwölf- oder fünfzehntausend dieser hebräischen Volksver-derber so unter Giftgas gehalten, wie Hunderttausende un-serer allerbesten deutschen Arbeiter aus allen Schichten und Berufen es im Felde erdulden mußten, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen. Im Gegenteil: Zwölftausend Schurken zur rechten Zeit besei-tigt, hätten vielleicht einer Million ordentlicher, für die Zu-kunft wertvoller Deutschen das Leben gerettet. Doch ge-hörte es eben auch zur bürgerlichen „Staatskunst“, ohne mit der Wimper zu zucken, Millionen auf dem Schlacht- feld dem blutigen Ende auszuliefern, aber zehn- oder zwölf-tausend Volksverräter, Schieber, Wucherer und Betrüger als kostbares nationales Heiligtum anzusehen und damit deren Unantastbarkeit offen zu proklamieren. Man weiß ja nicht, was in dieser bürgerlichen Welt größer ist, die Trottelhaftigkeit, die Schwäche und Feigheit oder die durch und durch verlumpte Gesinnung. Es ist wirklich eine vom Schicksal zum Untergang bestimmte Klasse, die nur leider ein ganzes Volk mit sich in den Abgrund reißt.
Vor der ganz gleichen Situation wie 1918 stand man aber im Jahre 1923. Ganz gleich zu welcher Art von Widerstand man sich entschloß, immer war die erste Voraussetzung die
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Ausscheidung des marxistischen Giftes aus unserem Volks-körper. Und es war, meiner Überzeugung nach, damals die allererste Aufgabe einer wirklich nationalen Regierung, die Kräfte zu suchen und zu finden, die entschlossen waren, dem Marxismus den Vernichtungskrieg anzusagen und diesen Kräften dann freie Bahn zu geben; es war ihre Pflicht, nicht den Blödsinn von „Ruhe und Ordnung“ an-zubeten in einem Augenblick, da der äußere Feind dem Vaterlande den vernichtendsten Hieb zufügte und im In- nern der Verrat an jeder Straßenecke lauerte. Nein, eine wirklich nationale Regierung mußte damals die Unordnung und die Unruhe wünschen, wenn nur unter ihren Wirren endlich eine prinzipielle Abrechnung mit den marxistischen Todfeinden unseres Volkes möglich wurde und stattfand. Unterließ man dies, dann war jeder Gedanke an einen Widerstand, ganz gleich welcher Art, purer Wahnsinn.
Solch eine Abrechnung von wirklicher, weltgeschichtlicher Größe findet allerdings nicht statt nach dem Schema irgend-eines Geheimrates oder einer alten, ausgetrockneten Mini-sterseele, sondern nach den ewigen Gesetzen des Lebens auf dieser Erde, die Kampf um dieses Leben sind und Kampf bleiben. Man mußte sich vergegenwärtigen, daß aus den blutigsten Bürgerkriegen häufig ein stahlharter, gesunder Volkskörper erwuchs, während aus künstlich gehegten Frie-denszuständen öfter als einmal die Fäulnis zum Himmel emporstank. Völkerschicksale wendet man nicht mit Glacé-handschuhen. So mußte man im Jahre 1923 mit brutalstem Griffe zufassen, um der Nattern habhaft zu werden, die an unserem Volkskörper fraßen. Gelang dies, dann erst hatte die Vorbereitung eines aktiven Widerstandes Sinn.
Ich habe mir damals oft und oft die Kehle heiser geredet und habe versucht, wenigstens den sogenannten nationalen Kreisen klarzumachen, was dieses Mal auf dem Spiele stehe, und daß, bei gleichen Fehlern wie im Jahre 1914 und den folgenden Jahren, zwangsläufig auch wieder ein Ende kommen würde wie 1918. Ich habe sie immer wieder ge-beten, dem Schicksal freien Lauf zu lassen und unserer Be-wegung die Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit dem
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Marxismus zu geben; aber ich predigte tauben Ohren. Sie verstanden es alle besser, einschließlich des Chefs der Wehr-macht, bis sie endlich vor der erbärmlichsten Kapitulation aller Zeiten standen.
Damals wurde ich mir bis ins Innerste bewußt, daß das deutsche Bürgertum am Ende einer Mission steht und zu keiner weiteren Aufgabe mehr berufen ist. Damals sah ich, wie alle diese Parteien nur mehr aus Konkurrenzneid sich mit dem Marxismus zankten, ohne ihn überhaupt noch ernstlich vernichten zu wollen; sie hatten sich innerlich alle mit der Zerstörung des Vaterlandes längst abgefunden, und was sie bewegte, war einzig die große Sorge, selbst am Leichenschmaus teilnehmen zu dürfen. Nur dafür „kämpften“ sie noch.
In dieser Zeit – ich gestehe es offen – faßte ich die tiefste Bewunderung für den großen Mann südlich der Alpen, der in heißer Liebe zu seinem Volke mit den inneren Feinden Italiens nicht paktierte, sondern ihre Vernichtung auf allen Wegen und mit allen Mitteln erstrebte. Was Mussolini unter die Großen dieser Erde einreihen wird, ist die Entschlossenheit, Italien nicht mit dem Marxismus zu teilen, sondern, indem er den Internationalismus der Vernichtung preisgab, das Vaterland vor ihm zu retten.
Wie jämmerlich zwergenhaft erscheinen dagegen unsere deutschen Auch-Staatsmänner, und wie muß einen der Ekel würgen, wenn diese Nullen mit ungezogenster Eingebildet-heit sich unterstehen, den tausendmal Größeren zu kritisie-ren; und wie schmerzhaft ist es, zu denken, daß dies in einem Lande geschieht, das vor kaum einem halben Jahrhundert noch einen Bismarck seinen Führer nennen durfte! –
Mit dieser Einstellung des Bürgertums und Schonung des Marxismus war aber 1923 das Schicksal jedes aktiven Ruhrwiderstandes von vornherein entschieden. Gegen Frankreich kämpfen zu wollen mit dem Todfeind in den eigenen Reihen, war heller Blödsinn. Was man dann noch machte, konnte höchstens Spiegelfechterei sein, aufgeführt, um das nationalistische Element in Deutschland etwas zu befriedigen, die „kochende Volksseele“ zu beruhigen oder
Nicht Waffen, sondern der Wille entscheidend 775
in Wirklichkeit zu düpieren. Hätten sie ernstlich an das ge-glaubt, was sie taten, so hätten sie doch erkennen müssen, daß die Stärke eines Volkes in erster Linie nicht in seinen Waffen, sondern in seinem Willen liegt, und daß, ehe man äußere Feinde besiegt, erst der Feind im eigenen Innern vernichtet werden muß; sonst wehe, wenn nicht der Sieg schon am ersten Tage den Kampf belohnt! Sowie auch nur der Schatten einer Niederlage über ein im Innern nicht von Feinden freies Volk streicht, wird dessen Widerstands-kraft zerbrechen und der Gegner endgültig Sieger werden.
Das konnte man damals schon im Frühjahr 1923 voraus-sagen. Man rede durchaus nicht von der Fraglichkeit eines militärischen Erfolges gegen Frankreich! Denn wenn das Ergebnis des deutschen Handelns gegenüber dem Ruhr-einfall der Franzosen nur die Vernichtung des Marxismus im Innern gewesen wäre, so würde schon damit der Er- folg auf unserer Seite gewesen sein. Ein Deutschland, von diesen Todfeinden seines Daseins und seiner Zukunft er- löst, besäße Kräfte, die keine Welt mehr abzuwürgen ver-möchte. An dem Tage, da in Deutschland der Marxismus zerbrochen wird, brechen in Wahrheit für ewig unsere Fesseln. Denn nie-mals sind wir in unserer Geschichte durch die Kraft unserer Gegner besiegt worden, sondern immer nur durch unsere eige-nen Laster und durch die Feinde in unserem eigenen Lager.
Da die deutsche Staatsleitung sich damals zu einer sol-chen heroischen Tat nicht aufzuraffen vermochte, hätte sie sinngemäß eigentlich nur mehr den ersten Weg gehen kön-nen, nämlich den, nun überhaupt nichts zu tun, sondern die Dinge laufen zu lassen, wie sie eben liefen.
Allein in großer Stunde hat der Himmel dem deutschen Volk auch einen großen Mann geschenkt, Herrn Cuno. Er war nicht eigentlich Staatsmann oder Politiker von Beruf und noch viel weniger natürlich von Geburt, sondern er stellte so eine Art politischen Zugeher dar, den man bloß für die Erledigung bestimmter Aufgaben brauchte; sonst war er eigentlich mehr in Geschäften bewandert. Ein Fluch für Deutschland deshalb, weil dieser politisierende Kauf-
Cunos Weg 776
mann nun auch die Politik als wirtschaftliches Unterneh- men ansah und demgemäß sein Handeln einrichtete.
„Frankreich besetzt das Ruhrgebiet; was ist im Ruhr-gebiet? Kohle. Also besetzt Frankreich das Ruhrgebiet wegen der Kohle?“ Was war für Herrn Cuno da natür- licher als der Gedanke, nun zu streiken, damit die Franzo- sen keine Kohle bekommen, worauf sie dann, nach der Meinung des Herrn Cuno, sicher eines Tages das Ruhrgebiet infolge der Unrentabilität des Unternehmens wieder räu- men würden. So ungefähr verlief der Gedankengang dieses „bedeutenden“, „nationalen“ „Staatsmannes“, den man zu Stuttgart und an anderen Orten zu „seinem Volk“ reden ließ und den dieses Volk ganz glückselig bestaunte.
Zum Streik brauchte man aber natürlich auch die Mar-xisten, denn in erster Linie mußten ja die Arbeiter streiken. Also war es notwendig, den Arbeiter (und der ist in dem Gehirn eines solchen bürgerlichen Staatsmannes immer gleichbedeutend mit dem Marxisten) in eine Einheitsfront mit all den anderen Deutschen zu bringen. Man muß da- mals wirklich das Leuchten dieser bürgerlichen parteipoliti-schen Schimmelkulturen angesichts einer solchen genialen Parole gesehen haben! National und genial zugleich – da hatten sie ja nun endlich das, was sie innerlich doch die ganze Zeit suchten! Die Brücke zum Marxismus war gefunden, und dem nationalen Schwindler war es jetzt er-möglicht, mit „teutscher“ Miene und nationalen Phrasen dem internationalen Landesverräter die biedere Hand hin-zustrecken. Und dieser schlug schleunigst ein. Denn so wie Cuno zu seiner „Einheitsfront“ die marxistischen Führer brauchte, so notwendig brauchten aber die marxistischen Führer das Cunosche Geld. Damit war dann beiden Teilen geholfen. Cuno erhielt seine Einheitsfront, gebildet aus nationalen Schwätzern und antinationalen Gaunern, und die internationalen Betrüge konnten bei staatlicher Be-zahlung ihrer erhabensten Kampfesmission dienen, d.h. die nationale Wirtschaft zerstören, und zwar dieses Mal sogar auf Staatskosten. Ein unsterblicher Gedanke, durch einen bezahlten Generalstreik eine Nation zu erretten, auf jeden
Die „Einheitsfront“ 777
Fall aber die Parole, in die selbst der gleichgültigste Tauge-nichts doch mit voller Begeisterung einstimmen kann.
Daß man ein Volk nicht durch Beten frei macht, weiß man im allgemeinen. Ob man es aber nicht doch vielleicht frei zu fau-lenzen vermag, das mußte erst noch ge-schichtlich erprobt werden. Hätte Herr Cuno damals, statt zum bezahlten General-streik aufzufordern und diesen damit als die Grundlage der „Einheitsfront“ aufzu-stellen, von jedem Deutschen nur zwei Stun-den mehr Arbeit verlangt, dann würde der Schwindel dieser „Einheitsfront“ sich am dritten Tage von selbst erledigt haben. Völker befreit man nicht durch Nichtstun, sondern durch Opfer.
Allerdings ließ sich dieser sogenannte passive Wider- stand an sich nicht lange halten. Denn nur ein vollkommen kriegsfremder Mensch konnte sich einbilden, okkupierende Armeen mit so lächerlichen Mitteln verscheuchen zu kön-nen. Das allein hätte aber doch der Sinn einer Aktion sein können, deren Kosten in die Milliarden gingen, und die wesentlich mithalf, die nationale Währung bis in den Grund hinein zu zerstören.
Natürlich konnten sich die Franzosen mit einer gewissen inneren Beruhigung in dem Augenblick im Ruhrgebiet häuslich einrichten, in dem sie den Widerstand sich solcher Mittel bedienen sahen. Sie hatten ja gerade durch uns selbst die besten Rezepte in der Hand, wie man eine störrische Zivilbevölkerung zur Raison bringt, wenn in ihrem Be-nehmen eine ernstliche Gefährdung der Okkupationsbehör-den liegt. Wie blitzschnell hatten wir doch neun Jahre vor-her die belgischen Franktireurbanden zu Paaren getrie- ben und der Zivilbevölkerung den Ernst der Lage klarge-macht, als unter ihrer Tätigkeit die deutschen Armeen Ge-fahr liefen, ernstlich Schaden zu erleiden. Sowie der passive Ruhrwiderstand Frankreich wirklich gefährlich geworden wäre, hätte die Besatzungstruppe im Verlaufe von noch
Der passive Widerstand 778
nicht einmal acht Tagen in spielender Leichtigkeit diesem ganzen kindlichen Unfug ein grausames Ende bereitet. Denn das ist immer die letzte Frage: Was will man tun, wenn einem Gegner der passive Widerstand zum Schluß wirklich auf die Nerven geht und er nun den Kampf dagegen mit blutiger Brachialgewalt aufnimmt? Ist man dann entschlossen, weiter Widerstand zu leisten? Wenn ja, muß man wohl oder übel die schwersten, blutigsten Verfol-gungen auf sich nehmen. Damit aber seht man dort, wo man auch beim aktiven Widerstand steht – nämlich vor dem Kampf. Daher hat jeder sogenannte passive Wider- stand nur dann einen inneren Sinn, wenn hinter ihm die Entschlossenheit wartet, nötigenfalls im offenen Kampf oder im verdeckten Kleinkrieg diesen Widerstand fort-zusetzen. Im allgemeinen wird jedes solche Ringen an die Überzeugung eines möglichen Erfolges gebunden sein. So-bald eine belagerte Festung, die vom Feinde hart berannt wird, die letzte Hoffnung auf Entsatz aufzugeben gezwun-gen ist, gibt sie sich praktisch damit selbst auf, besonders dann, wenn in einem solchen Fall den Verteidiger statt des wahrscheinlichen Todes noch das sichere Leben lockt. Man raube der Besatzung einer umschlossenen Burg den Glau- ben an die mögliche Befreiung, und alle Kräfte der Ver-teidigung werden damit jäh zusammenbrechen.
Deshalb hatte auch ein passiver Widerstand an der Ruhr unter Hinblick auf die letzten Konsequenzen, die er mit sich bringen konnte und mußte, wenn er wirklich erfolg-reich sein sollte, nur dann einen Sinn, wenn sich hinter ihm eine aktive Front aufbaute. Dann allerdings hätte man Un-ermeßliches aus unserem Volke zu holen vermocht. Würde jeder dieser Westfalen gewußt haben, daß die Heimat eine Armee von achtzig oder hundert Divisionen aufstellt, die Franzosen wären auf Dornen getreten. Für den Erfolg aber sind immer mehr mutige Männer bereit, sich zu opfern, als für eine ersichtliche Zwecklosigkeit.
Es war ein klassischer Fall, der uns Nationalsozialisten zwang, gegen eine sogenannte nationale Parole schärfstens Stellung zu nehmen. Und wir taten dies auch. Ich wurde
Stellungnahme der Nationalsozialisten 779
in diesen Monaten nicht wenig angegriffen von Menschen, deren ganze nationale Gesinnung nur eine Mischung von Dummheit und äußerem Schein war, die alle nur mit- schrien, weil sie dem angenehmen Kitzel erlagen, nun plötz-lich ohne Gefahr auch national tun zu können. Ich habe diese jammervollste aller Einheitsfronten als eine der lächerlichsten Erscheinungen angesehen, und die Geschichte gab mir recht.
Sowie die Gewerkschaften ihre Kassen mit den Cuno- schen Geldern annähernd aufgefüllt hatten, und der passive Widerstand vor die Entscheidung kam, aus faulenzender Abwehr zum aktiven Angriff überzugehen, brachen die roten Hyänen augenblicklich aus der nationalen Schafherde aus und wurden wieder zu dem, was sie immer waren. Sang- und klanglos zog Herr Cuno zurück zu seinen Schif-fen, Deutschland aber war um eine Erfahrung reicher und um eine große Hoffnung ärmer geworden.
Bis zum späten Hochsommer hatten viele Offiziere, und es waren sicher nicht die schlechtesten, innerlich an eine solch schmähliche Entwicklung nicht geglaubt. Sie alle hat-ten gehofft, daß, wenn auch nicht offen, so doch im stillen, die Vorbereitungen getroffen würden, um diesen frechsten Einfall Frankreichs zu einem Wendepunkt der deutschen Geschichte werden zu lassen. Auch in unseren Reihen gab es viele, die wenigstens auf das Reichsheer ihr Vertrauen setzten. Und diese Überzeugung war so lebendig, daß sie das Handeln und besonders aber die Ausbildung der zahl-losen jungen Leute maßgebendst bestimmte.
Als aber der schmähliche Zusammenbruch eintrat und man nach Hinopferung von Milliarden an Vermögen und von vielen Tausenden von jungen Deutschen – die dumm genug gewesen waren, die Versprechungen der Führer des Reiches ernst zu nehmen – in so niederschmetternd schmachvoller Weise kapitulierte, da brannte die Empörung gegen eine solche Art des Verratens unseres unglücklichen Volkes lichterloh auf. In Millionen von Köpfen stand da-mals plötzlich hell und klar die Überzeugung, daß nur eine
Der November 1923 780
radikale Beseitigung des ganzen herrschenden Systems Deutschland würde retten können.
Nie war die Zeit reifer, ja schrie sie gebieterischer nach einer solchen Lösung als in dem Augenblick, da auf der einen Seite sich der nackte Vaterlandsverrat schamlos offen-barte, während auf der anderen ein Volk wirtschaftlich dem langsamen Hungertode ausgeliefert war. Da der Staat selbst alle Gesetze von Treu und Glauben mit den Füßen trat, die Rechte seiner Bürger verhöhnte, Millionen seiner treuesten Söhne um ihre Opfer betrog und Millionen an- dere um ihre letzten Groschen bestahl, hatte er kein Recht mehr, von seinen Angehörigen anderes als Haß zu erwar- ten. Und dieser Haß gegen die Verderber von Volk und Vaterland drängte so oder so zu einer Entladung. Ich kann an dieser Stelle nur hinweisen auf den Schlußsatz meiner letzten Rede im großen Prozeß im Frühjahr 1924:
„Die Richter dieses Staates mögen uns ruhig ob unseres damaligen Handelns verurteilen, die Geschichte als Göttin einer höheren Wahrheit und eines besseren Rechtes, sie wird dennoch dereinst dieses Urteil lächelnd zerreißen, um uns alle freizusprechen von Schuld und Fehle.“
Sie wird aber dann auch diejenigen vor ihren Richter- stuhl fordern, die heute, im Besitze der Macht, Recht und Gesetz mit Füßen treten, die unser Volk in Not und Ver-derben führten und die im Unglück des Vaterlandes ihr eigenes Ich höher schätzten als das Leben der Gesamtheit.
Ich will an dieser Stelle nicht eine Schilderung jener Er-eignisse folgen lassen, die zum 8. November 1923 führten und die ihn beschlossen. Ich will es deshalb nicht, weil ich mir für die Zukunft nichts Nützliches davon verspreche, und weil es vor allem zwecklos ist, Wunden aufzureißen, die heute kaum vernarbt erscheinen; weil es überdies zwecklos ist, über Schuld zu reden bei Menschen, die vielleicht im tiefsten Grunde ihres Herzens doch alle mit gleicher Liebe an ihrem Volke hingen, und die nur den gemeinsamen Weg verfehlten oder sich nicht auf ihn verstanden.
Angesichts des großen gemeinsamen Unglücks unseres Vaterlandes möchte ich heute auch nicht mehr diejenigen
Unsere Toten als Mahner zur Pflicht 781
kränken und dadurch vielleicht trennen, die eines Tages in der Zukunft doch die große Einheitsfront der im Herzen wirklich treuen Deutschen zu bilden haben werden gegen-über der gemeinsamen Front der Feinde unseres Volkes. Denn ich weiß, daß einst die Zeit kommen wird, da selbst die, die uns damals feindlich gegenüberstanden, in Ehr-furcht derer gedenken werden, die für ihr deutsches Volk den bitteren Weg des Todes gegangen sind.
Diese sechzehn Helden, denen ich den ersten Band meines Werkes geweiht habe, will ich am Ende des zweiten den Anhängern und Verfechtern unserer Lehre als jene Helden vor Augen führen, die in klarstem Bewußtsein sich für uns alle geopfert haben. Sie müssen den Wankelmütigwerden-den und den Schwachen immer wieder zur Erfüllung seiner Pflicht zurückrufen, zu einer Pflicht, der sie selbst im besten Glauben und bis zur letzten Konsequenz genügten. Und unter sie will ich auch jenen Mann rechnen, der als der Besten einer sein Leben dem Erwachen seines, unseres Volkes gewidmet hat im Dichten und im Denken und am Ende in der Tat:
Dietrich Eckart

Schlußwort
Am 9. November 1923, im vierten Jahre ihres Bestehens, wurde die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpar- tei für das ganze Reichsgebiet aufgelöst und verboten. Heute, im November 1926, steht sie wieder im gesamten Reiche frei vor uns, stärker und innerlich fester als jemals zuvor.
Alle Verfolgungen der Bewegung und ihrer einzelnen Führer, alle Lästerungen und Verleumdungen vermochten ihr nichts anzuhaben. Die Richtigkeit ihrer Ideen, die Rein-heit ihres Wollens, die Opferwilligkeit ihrer Anhänger haben sie bisher aus allen Unterdrückungen kräftiger denn je hervorgehen lassen.
Wenn sie in der Welt unserer heutigen parlamentari- schen Korruption sich immer mehr auf das tiefste Wesen ihres Kampfes besinnt und als reine Verkörperung des Wertes von Rasse und Person sich fühlt und demgemäß ordnet, wird sie auf Grund einer fast mathematischen Ge-setzmäßigkeit dereinst in ihrem Kampfe den Sieg davon-tragen. Genau so wie Deutschland notwendigerweise die ihm gebührende Stellung auf dieser Erde gewinnen muß, wenn es nach gleichen Grundsätzen geführt und organisiert wird.
Ein Staat, der im Zeitalter der Rassenvergiftung sich der Pflege seiner besten rassischen Elemente widmet, muß eines Tages zum Herrn der Erde werden.
Das mögen die Anhänger unserer Bewegung nie ver-gessen, wenn je die Größe der Opfer zum bangen Vergleich mit dem möglichen Erfolg verleiten sollte.