Manchmal ,gegen Abend , färbt sich der Himmel zart türkis über den dunklen Äckern , dämmern die Hügel bläulich und blass Helligkeit liegt in der Luft und eine große Klarheit . Ein neues , noch kühles licht , das sich in leeren Fensterscheiben bricht und einen Moment lang glüht.Erste Schneeglöckchen im welken Rasen. Ein zartes und reines Grün bescheiden und doch stark genug ,die kalten Winde und den Schnee mit Hoffnung zu besiegen . Ich habe Schneeglöckchen gesehen , schreibt der Schweizer Schriftsteller Robert Walser , in Gärten und auf dem Wagen einer Bäuerin , die zu Marke fuhr . Sie sind Süß , diese schüchternen ersten Ankündiger von etwas , das von aller Welt geliebt wird . Sie reden noch vom Winter, dabei aber doch auch schon vom Frühling, sie reden vom Vergangenen , doch dabei schon keck und fröhlich vom Neuen .
Sie reden von Schnee und zugleich von Grün. Nur hübsch ausharren . Das Gute kommt schon . Gutes ist uns immer näher , als wir glauben . Geduld bringt Rosen .Der Februar fordert Geduld . Gelegentlich gibt es eine Sonnenstunde wie ein versprechen ,doch die meisten Tage sind dunkel und trüb, mit Schneegestöber,eisigem Regen und bitterkaltem Wind . Die Blätterlosen Kronen der Blätter ragen wie Besen in den Himmel . Der düstere Tag ,so hat der niederländische Maler Pieter Bruegel 1565 sein Monatsbild im Februar genannt und alle Farben der Palette - Braun ,Grau ,Ocker ,Siena , Schilf grün - mit Schatten vermischt . Niedrige Dächer ducken sich frierend unter dem Gewölk , Wege und Ställe verschwimmen . Wenige dinge leuchten aus der Düsternis - der Schnee auf den fernen Gipfeln der berge , ein Messer , mit dem die kahlen Zweige der Weiden geschnitten werden , eine Krone aus Papier.
Der Febrar lateinischen februare für reinigen - ist wie ein Fieber . Zum Fieber gehören der Rausch ,der Wahn und die wirren Fantasien ,gehören aber auch Reinigung und Regeneration . Der Februar lässt seine Fieberkurve steil ansteigen und jäh wieder abfallen . Er schwankt zwischen Somnambulismus und erschreckender Bewusstseinshelle,zwischen Fall und Flug . Der Ekstase folgt Ernüchterung . Der Februar feiert den Karneval,feiert die orgiastische und dionysische Lust am Fleische und - unmittelbar darauf - den Verzicht auf das Fleisch,die Abkehr und die Askese .
Angela C. Contzen aus dem Buch Die Wurzeln unserer Kultur / Seite 68/69