Was sind diese Altcoins?

in #deutsch7 years ago

TL:DR Eine Einführung in das Thema “Altcoins”: Kryptogeld neben dem etablierten Bitcoin mit einer kurzen Betrachtung der jeweiligen Unterschiede.

Du hast mit Kevin übers Trading gesprochen, oder?

Ja, ich weiß aber nicht, ob bei dem irgendwas hängen geblieben ist.

Ja, also er tradet jetzt nicht mehr …

Achja?

... weil er sein gesamtes Geld verloren hat. Er sagt, er muss jetzt ganz unten wieder einsteigen und kauft deswegen “Altcoins”, weil die sich auch mit wenig Geld lohnen und man sein Geld verzehnfachen kann, wenn man als erster mit dabei ist

*Seufz*

Also ich weiß jetzt nicht, ob das stimmt, was Kevin meint. Aber ich hab mich gefragt, wenn die Leute, die bei Bitcoin als erste mit dabei waren, jetzt Millionäre sind, dann ist da ja schon was dran. Ich will jetzt nicht traden oder so, aber ich dachte mir, du kannst das bestimmt erklären

Also da gibt es ein grundsätzliches Problem. Was Kevin macht, kann man auch ohne Krypto machen. Es gibt an der Börse sogenannte Pennystocks. Das sind Aktien mit einem Wert unter einem Euro, die im Wert stark schwanken. Das ist verlockend zum Zocken, aber mehr auch nicht.

Wenn du dich für Altcoins wirklich interessierst, ist das schon was anderes. Wenn man verstehen will, welche Innovationen es rund um Bitcoin gibt, gibt es ein paar sehr spannende Altcoins. Ich möchte aber vorwarnen: Ob es sich lohnt, zu investieren, ist eine ganz andere Frage und wenn du mich fragst, ist das hauptsächlich Glücksspiel.

Hm, ok. Was gibt es denn für Altcoins, die so interessant sind? Das mit dem Investieren kannst du ja noch mal mit Kevin klären.

Altcoins kurz vorgestellt

Am Einfachsten, du gehst mal auf coinmarketcap.com und schaust dir die Liste an.

Das sind ja hunderte!

1128 Altcoins als ich zuletzt geguckt hab. Hier sind die Top-Ten nach Marktkapitalisierung.

Was bedeutet denn Marktkapitalisierung?

Du nimmst den aktuellen Preis eines Bitcoins und multiplizierst das mit der Anzahl von Bitcoins, die sich im Umlauf befinden. Das ist die Marktkapitalisierung, auch: market cap. Du kannst auch den Preis einer Unze Gold nehmen und mit der Anzahl von Goldunzen multiplizieren, die sich im Umlauf befinden. Dann stellst du fest: der Gesamtwert allen Goldes ist ca. 7 Billion USD und der Gesamtwert aller Bitcoins ist 65 Milliarden USD. Bitcoin hat also ein hundertstel der Marktkapitalisierung von Gold, ist also viel kleiner.

Bei Kryptogeld kann man anhand der Marktkapitalisierung die großen erfolgreichen Coins von dem ganzen Rest trennen, der noch um Relevanz kämpft. Je mehr Geld in einen Coin fließt, desto höher ist die Marktkapitalisierung. Das stimmt zwar nur grob und ist kein wasserdichtes Kriterium, aber wie du siehst, unterscheiden sich die Coins extrem stark in ihrer jeweiligen Marktkapitalisierung. Wir können also mit einigem Recht die Top 10 hier herausstellen.

Nr. 1 Bitcoin

Bitcoin führt ja mit Abstand!

Das finde ich persönlich auch bemerkenswert. Der Marktanteil von Bitcoin am gesamten Kryptomarkt ist knapp unter 50%. Die Altcoins teilen sich die anderen 50%. Vor dem Hintergrund ist es vielleicht fair von Bitcoin und den Altcoins = alle anderen zu sprechen.

Jeder neue Coin muss sich irgendwo mit dem Platzhirsch messen lassen. Die Vergangenheit hat Bitcoins Dominanz auch eindrucksvoll bestätigt. Obwohl viele Altcoins mit überlegenen Konzepten aufwarten und auch komplett neue Funktionalität ins Spiel bringen, hat sich Bitcoin bisher mit einigem Abstand als Marktführer behauptet. Auch die Probleme, mit denen Bitcoin kämpft, haben daran nicht geändert. Da wäre die Blocksize-Debatte und exorbitante Transaktionskosten, Miner-Zentralisierung, mangelnde Anonymität ...

Und woran liegt das?

Es gibt gewisse Vorteile, die Bitcoin verspricht, und die scheinen immer noch zu ziehen.

  • Ein dezentrales Bezahlsystem: Transaktionen ohne eine Bank als Mittelsmann
  • Unabhängigkeit vom Fiat-Geld-System und Girokonten durch neuartiges, digitales Geld
  • Knappheit des digitalen Geldes und Schutz vor Inflation

Letztlich eignet sich Bitcoin zur Wertaufbewahrung. Solange ich Zugriff auf mein Wallet habe, hab ich meine Bitcoins immer bei mir, große und kleine Beträge. Ich bin geschützt vor Kontrollen und Konfiszierung. Dagegen lässt der Siegeszug von Bitcoin als Bezahlmethode noch auf sich warten.

Also ist Bitcoin ein “dezentrales Bezahlsystem”, das gar nicht so sehr zum Bezahlen benutzt wird?

Ja, und der Bitcoinkurs ist trotzdem gestiegen. Ich schätze, man darf nicht unterschätzen, wie viele Menschen zur Zeit verzweifelt nach einem Weg suchen, ihr Erspartes sinnvoll anzulegen. Bitcoin funktioniert nun bald seit neun Jahren, hat sich also bewährt.

Nr. 2 Ethereum

Fast halb so groß wie Bitcoin ist Ethereum. Es ist nicht schwer zu sehen, warum Ethereum den zweiten Platz verteidigt. Ethereum ist seit Mitte 2015 live und gehört damit zu den frühen Entwicklungen im Altcoin-Bereich. Gleichzeitig hat Ethereum mit den Smart Contracts eine gewaltige Innovation hingelegt.

Puuh, ja, diese Smart Contracts. Ich schätze, das wollte ich eigentlich auch mal verstehen

Das ist wohl ein Thema für später. Wir können schon mal festhalten: Ethereum bietet im Prinzip all das, was Bitcoin auch bietet: ein unabhängiges dezentrales Bezahlsystem mit eigenem digitalen Coin, der bei Ethereum “Ether” heißt. Nur ist das bei Ethereum erst der Anfang. Darauf aufbauend ist Ethereum eine Plattform für Krypto-Anwendungen aller Art.

Krypto-Anwendungen …?

Das einfachste Beispiel: Stell dir vor, du willst deinen eigenen Altcoin rausbringen: RosiCoin. Mithilfe von Ethereum ist das ganz einfach. Du benutzt komplett Ethereums Infrastruktur und Ökosystem, hast aber sonst alle Freiheiten. Man sagt dann: RosiCoin ist ein Token in der Ethereum-Blockchain.

Ich dachte gerade so: “Warum sollte das jemand wollen?” … Ist aber vielleicht eine dumme Frage

Tatsächlich sind nicht weniger der Coins, die wir in der Liste auf coinmarketcap.com gesehen haben in Wirklichkeit Ethereum-Tokens. Wenn so ein Token geschaffen und initial verkauft wird, nennt sich das ICO für Initial Coin Offering. Das ist zur Zeit extrem gefragt, unter anderem als Fundraising-Methode. Je mehr Leute jetzt Ethereum als Plattform für ihre Projekte verwenden, desto höher ist die Nachfrage nach den Ethers. Das Investment in Ether hat sich deshalb für viele bezahlt gemacht.

Nr. 3 Bitcoin Cash

Bitcoin Cash ist das Resultat eines Forks bei Bitcoin. Streng genommen ist es nicht korrekt von Bitcoin und Bitcoin Cash zu sprechen: Bis zum 1. August, der Tag des Forks, existierte Bitcoin. Seitdem existiert Bitcoin in zwei Varianten. Man könnte der Fairness halber von Segwit-Bitcoin und Bitcoin Cash sprechen. Das ursprüngliche Bitcoin gibt es nicht mehr.

Wieso denn Segwit-Bitcoin?

Bitcoin Cash ist in Reaktion auf ein Update von Bitcoin entstanden. Das Update heißt Segregated Witness, kurz: Segwit. Dieses Update steht im Kontext der Blocksize-Debatte von Bitcoin. Das führt leider alles zu weit. Praktisch hat Bitcoin Cash etwa ein zehntel der Größe von Segwit-Bitcoin und holt auch in puncto Software-Infrastruktur noch auf.

Bei Interesse erläutere ich gerne die Blocksize-Debatte. Für den Moment reicht es, zu verstehen, dass Bitcoin Cash also ein Bitcoin-Fork ist und deshalb praktisch identisch mit Bitcoin ist bis auf ganz bestimmte Eigenschaften.

Jetzt musst du aber schon noch sagen, was der Unterschied ist

Was auch immer ich hier schreibe, ist eine grobe Vereinfachung der Situation. Da spielt Politik mit rein und Miner-Strategien. Für dich ist vielleicht interessant: Die Transaktionskosten sind bei Bitcoin Cash tendenziell geringer und werden das wohl auch in Zukunft bleiben. Ansonsten lässt sich das benutzen wie Bitcoin.

Wie Segwit-Bitcoin meinst du. Das ist ja praktisch

Und wer jetzt Bitcoin Cash kauft setzt in diesem Wettstreit gewissermaßen auf den Underdog.

Nr. 4 Ripple

In gewissem Sinne gehört Ripple nicht in diese Liste. Man kann Ripples kaufen und die haben auch an Wert gewonnen …

Kevin wäre begeistert!

… genau. Darüber hinaus hat Ripple wenig mit dem zu tun, was ich Kryptogeld nennen würde. Technisch unterscheidet sich Ripple von praktisch allen Altcoins, dass es keine Blockchain gibt, aber schon einen distributed ledger, d.h. eine verteilte Buchführung, deren Korrektheit aber durch eine handvoll von Institutionen sichergestellt wird.

Kannst du auf den Punkt bringen, was für dich richtiges Kryptogeld ausmacht?

Ripple ist ein vertrauensbasiertes System. Eine dezentrale Vision existiert nicht. Außerdem ist die Entwicklung in den Händen einer Firma, Ripple Labs, was allerdings bei mehreren Altcoins der Fall ist und für sich allein genommen kein Ausschlusskriterium für mich wäre.

Siehst nur du das so kritisch? Warum wird Ripple in der Liste aufgeführt?

Die Liste orientierte sich an den Handelsplätzen, auf denen ich Bitcoin und Fiat handeln kann, und diese erlauben nunmal auch den Handel mit Ripple. Das ist ja auch OK. Es gibt eine Reihe von Coins, bei denen das Urteil noch weniger eindeutig ausfällt. Bevor man da also ideologisch einen Altcoin ausschließt, führt man lieber einen Coin zu viel auf.

Nr. 5 Litecoin

Litecoin ist womöglich der erste Altcoin, von dem ich je gehört hab, und existiert seit Ende 2011. Litecoin hat eine eigenständige Blockchain und ist anders als Bitcoin Cash kein Bitcoin-Fork. Allerdings unterscheidet sich Litecoin nur in ganz wenig technischen Punkten von Bitcoin.

  • Block-Zeit reduziert auf 2,5 Minuten (Bitcoin: 10 Minuten)
  • Proof-of-Work-Algorithmus: Skrypt, mit dem Ziel ASIC-Mining zu verhindern

Huch? Das versteh ich gerade nicht …

Oh ja, sorry. Übers Mining haben wir noch nicht so ausführlich gesprochen. Ich werde mit Dirk als nächstes über Bitcoins “Wettbewerb der Miner” sprechen, dann sollte das klar werden.

Litecoin hatte zwischenzeitlich Bedeutung als Bitcoin-Alternative gewonnen, als die Transaktionskosten bei Bitcoin prohibitiv wurden. Wegen der Ähnlichkeit zu Bitcoin konnten auch schon Bitcoin-Updates vorab auf der Litecoin-Blockchain getestet werden.

Nr. 6 Dash

Das Team hinter Dash bewirbt gerade ganz aktiv die Vorteile. Ich werde hier nur in einem kurzen Absatz zusammenfassen, was ich wichtig finde. Der Gründer von Bitcoin, Satoshi Nakamoto, ist ein Phantom und es sieht so aus, als würde er nie wieder in Erscheinung treten. Das hat zur Folge, dass es bei schwierigen Entscheidungen niemand gibt, auf den alle hören. Die Entwicklung von Bitcoin, zuletzt in der Blocksize-Debatte war dementsprechend chaotisch und das Ergebnis aus Sicht vieler unbefriedigend.

Diese Blocksize-Debatte scheint ja eine zentrale Sache zu sein bei Bitcoin …

Auf jeden Fall. Bei Dash gibt es nicht nur ein Team, dass öffentlich in Erscheinung tritt und die Weiterentwicklung vorantreibt, es gibt vor allem eine Governance-Struktur, die es ermöglicht an Abstimmungen teilzunehmen. Das Stimmrecht muss ich mir aber erkaufen, indem ich selber zur Dash-Infrastruktur beisteure und einen Mindestbesitz von 1000 Dash nachweise.

Hm, eine effiziente Struktur zur Entscheidungsfindung also

Darüber hinaus adressiert Dash noch ein paar Schwächen von Bitcoin mit Instant-Transaktionen und verbesserten Anonymitäts-Optionen.

Nr. 7 NEM

Mit NEM haben wir noch einen bunten Hund in der Sammlung. Wer NEM im Detail verstehen will, muss sich mit deren proof-of-importance-Konzept auseinandersetzen, dass Bitcoins Proof-of-Work ersetzt (es handelt sich um eine Variante von Proof-of-Stake). Davon abgesehen bewerben die sich grob als Alternative zu Ethereum, allerdings ohne Smart-Contracts in der NEM-Blockchain zu ermöglichen. Meine Vermutung ist: NEMs Popularität rührt stark aus deren erfolgreicher Kooperation mit Japanischen Banken.

Ha, das gefällt dir bestimmt wieder nicht, weil du an Bitcoins Vision von “Geld ohne Banken” glaubst!

Tja … die Wahrheit ist, es ist ein Spektrum. Nach allem was ich verstehe, verfolgt NEM tatsächlich eine Vision stark abseits von Bitcoin. Konsequenterweise müsste ich zugeben, dass das aber auch schon für Ethereum zutrifft. Ich weiß auch nicht, was da am Ende rauskommt, wenn Banken mit Blockchain loslegen. Da beobachte ich lieber aus der Ferne.

Nr. 8 IOTA

Über IOTA wird es definitiv einen kompletten Artikel geben. Hier nur so viel: IOTA ist ein dezentrales Bezahlsystem, dass der Vision von Bitcoin treu ist und eine distributed ledger verwendet, die prinzipiell dezentral und nicht-vertrauensbasiert ist. Allerdings funktioniert IOTA technisch nicht mit einer Blockchain, sondern mit einem sogenannten Tangle. Wenn sich das bewährt, ist IOTA potenziell viel schlanker als Bitcoin.

Was heißt den schlanker?

Keine oder nur minimale Transaktionskosten. Die Macher von IOTA sehen sich als die Währung für das Internet of things, wo Maschinen sich untereinander Kryptogeld bezahlen.

Nr. 9 Monero

Monero ist ein Altcoin, der von vornherein fortschrittliche Konzepte hatte, um die Anonymität der Nutzer konsequent zu schützen. Tatsächlich ist das aber nur der berühmteste Vorteil von Monero. Wenn man bedenkt, dass auch Bitcoin mal als anonyme Bezahlmethode gedacht war, ist Monero eine Entwicklung in die richtige Richtung.

Siehst du, ich dachte, ich wäre mit Bitcoin schon anonym unterwegs. Nicht dass das für mich jetzt groß eine Rolle spielen würde …

Gut, dass du mich erinnerst. Bitcoin und Anonymität ist auch ein nicht ganz so einfaches Thema. Da sollten wir mal drüber sprechen!

Nr. 10 NEO

NEO ist der letzte Altcoin für heute und das hat auch schon wieder alles viel länger gedauert als geplant.

Sieht so aus, als müsste man sich länger mit jedem einzelnen Altcoin beschäftigen, um zu entscheiden, ob man die haben will.

Ja, wobei sich so langsam gewisse Kategorien abzeichnen. NEO kann man grob Ethereum und NEM zuordnen. Genauso wie Ethereum ermöglicht NEO Smart Contracts und verwendet aber statt Proof-of-Work eine Proof-of-Stake-Variante - wie auch NEM.

Außerdem kooperieren die NEM-Leute mit den chinesischen Behörden und erhoffen sich ein Durchstarten in China.

Was wirst du eigentlich Kevin jetzt raten?

Abgesehen davon, dass er die Finger von Altcoins lassen soll? Leider bringt auch technische Verständnis nicht viel, wenn es darum geht, gute Investitionen zu machen. Zuletzt waren die Preise aller Coins, egal wie unterschiedlich, stark korreliert.

Das ist ja eher ernüchternd. Lohnt es sich das dann überhaupt, die alle im Detail anzuschauen? Man könnte ja auch einfach bei Bitcoin bleiben

Das stimmt prinzipiell. Ich will aber keine Entwicklung verpassen. Es gibt schließlich nicht nur die Möglichkeit, dass ein Altcoin Bitcoin eines Tages ersetzt, es könnten sich auch Nischen auftun, in denen ein interessanter Altcoin neben Bitcoin koexistieren kann.

Liebe Leser

Altcoins verstehen ist nicht leicht. In der Serie “Kryptogeld wirklich verstehen” geht es um die technischen Details hinter Bitcoin. Ich werde das fortführen und auch nach und nach die abweichenden Konzepte erklären. Nicht mehr lange und auch die Altcoins werden verständlich sein für jeden, der hier fleißig liest!

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