Machtfaktor Erdöl - Wer Energie kontrolliert, beherrscht die Welt (Teil 2)
Die historische Verwendung von Erdöl – Von Akkad bis Colonel Drake
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Abb. 1 - Erdölförderung in Pennsylvania um das Jahr 1862
Nachdem wir uns in Teil 1 der Serie angesehen haben was Erdöl überhaupt ist und wie es entsteht, tauchen wir heute endgültig ein in die Geschichte dieses faszinierenden Rohstoffes ...
Erste Spuren in Mesopotamien und helle Ägypter - Erdöl in der Antike
Die erste schriftliche Erwähnung findet sich bereits im Gilgamesch-Epos, einem Urtext der europäisch-orientalischen Überlieferung, in dem die Rede von Erdpech (Bitumen) ist, das an Stellen zwischen den Flüssen durch natürliche Spalten und Risse nach außen dringt. Zu dieser Zeit wurde das Bitumen hauptsächlich als Mörtel für Ziegelbauten verwendet. In der Zeit von Assyrien und Babylonien fanden Erdölprodukte dann auch erstmals Verwendung als Lampenbrennstoff und zu Heizzwecken, als Isolierschichten für Wände und Ziegelfußböden, für Särge aus Ton und auch als Uferbefestigungen. Mit dem Untergang des Neubabylonischen Reiches verliert das Bitumen dann vorerst vollends an Bedeutung, die Seleukiden und Perser verwenden nur noch Lehmmörtel.
Im alten Ägypten wurden Erdölprodukte nahezu gänzlich importiert. Die Leinenbinden für Mumifizierungszwecke wurden nebst anderen Stoffen mit Bitumen präpariert. Das persische Wort Mumija war zunächst noch eine Bezeichnung für hochviskose, also sehr zähflüssige paraffinische Erdölprodukte und wurde später zur Universalbezeichnung für das Totenpech mit dem Verstorbene einbalsamiert und somit konserviert wurden.
Abb. 2 - Im Alten Ägypten wurde Erdöl als Totenpech zur Mumifizierung verwendet
Zur Zeit der griechischen Antike berichtet einer der bekanntesten Geschichtsschreiber und Kommandeure im Peloponnesischen Krieg, nämlich der Athener Feldherr Thukydides davon, dass während der Belagerung von Plataiai (429–427 v. Chr.) brennende Reisigbündel seitens der verteidigenden Athener über die Mauern geworfen wurden. Es gelang ihnen somit die Bresche (eine Lücke, die in die Verteidigungsmauer gerissen wird), die die belagernden Spartaner geschlagen hatten, auszubrennen. Für viele Angreifer wahrlich eine heiße Angelegenheit. Besagte Reisigbündel könnten durchaus auch mit einem brennenden Erdölprodukt versehen gewesen sein.
Besonderer Beliebtheit erfreuten sich Erdöl auch in der damaligen medizinischen Anwendung: Bitumen kam bei der Krätze zum Einsatz, während bei Entzündungen des Darmes (Darmkatarrh) schwarze Tabletten geschluckt wurden.
Laut Plinius dem Älteren, einem römischen Gelehrten – der übrigens der Ansicht war, dass die wichtigste Aufgabe der Frauen im antiken Rom die Verarbeitung von Textilien sei - waren sie auch Bestandteil von medizinischen Universalheilmitteln gegen Aussatz (Lepra), Rheuma, Gicht und Hautausschläge.
In Villen und Palästen hingegen wurde mit Erdölprodukten die Desinfektion von Nestern und Vogelkäfigen bewerkstelligt und Berichten Strabos zufolge, waren die Ägypter buchstäblich die hellsten Köpfe ihrer Zeit: Schon vor über 2.000 Jahren waren sie soweit fortgeschritten, dass sie neben Straßen auch Wohnungen, Tempel und Paläste mit Lampenöl beleuchten konnten.
Via Bosporus nach Europa - Erdöl im Mittelalter
Im europäischen Spätmittelalter beginnen zwar die Wissenschaften zu florieren, nicht aber deren Umsetzung in der Technik. So bleibt der Mensch Sklave seiner eigenen Arbeitskraft, Erdöl spielt nur eine Nebenrolle. Zwar gab es vor allem in Italien (Apenninen und Sizilien) Erdölvorkommen, das Wissen um Al-naft, wie Petroleum von den Arabern genannt wurde, und dessen Verwendung und Bearbeitung kommt aber erst nach den Kreuzzügen (1095-1204) über den Bosporus nach Europa. Erste Mitteilungen über angewandte Destillationstechniken stammten im Mittelalter aus dem Feuerbuch des Marcus Graecus, einem fiktiven byzantinischen (Byzanz wurde je nach Quelle 324 oder 337 n. Chr. in Konstantinopel umbenannt und 1930 setzt sich Istanbul international durch) Autor um 1250. Dort schreibt er unter dem Titel Feuerwaffen für die Verbrennung von Heeren über das sogenannte Griechische Feuer, für dessen Anwendung verschiedene Öle in einem Gefäß auf glühende Tonscherben fallen gelassen wurden und Crackprodukte kondensierten. Um 1200 mit Aufkommen des Schießpulvers aus China, verlor das Gr. Feuer an Bedeutung und Petroleum wurde als Lampenbrennstoff wiederentdeckt.
Das 19. Jahrhundert - Ein ehemaliger Lokführer bringt den Erdöl-Zug ins Rollen
Machen wir einen größeren Zeitsprung: Während im 18. Jahrhundert in Norditalien erstmalig modernere Öldestillationen nachgewiesen sind gelingt im Jahre 1833 Eilhard Mitscherlich, einem Professor für Chemie in Berlin ein Durchbruch: Mittels thermischer Spaltung der Benzoesäure gelang ihm erstmals die Darstellung von Benzol. Heute besser bekannt als Benzin.
Und überhaupt sollte das 19. zum Jahrhundert des großen Erdölrausches avancieren …
Denn im Jahre 1850 war es der US-amerikanische Solequellen-Eigentümer Samuel M. Kier, (Laut Wikipedia ist eine Sole-Quelle eine natürliche Quelle, deren Wasser einen natürlichen Salzgehalt von mindestens 10 g/l aufweist) der sich aufgrund von Verunreinigungen seiner Quellen durch Öl gezwungen sah aus ebendiesem Geschäftsfeld zurück zu ziehen und stattdessen den Fokus auf die Förderung von Erdöl als Heil- und Schmiermittel zu legen. Das Resultat: Erstmalig wurde destilliertes Leichtöl, das sich als Leuchtöl verwenden ließ (ein Wortspiel wider Willen ;) ) auf dem Markt gehandelt, welches ihn später, vor allem dank der ersten Destillationsanlage in Pittsburgh zum Pionier der industriellen Destillation in den USA werden ließ.
Abb. 3 - Pittsburgh als industrielles Wirtschaftszentrum (Abbildung Jahr 1902)
Der Pionier in Sachen Erdölbohrung war allerdings ein anderer: Colonel Edwin Laurentine Drake. Das 1805, aufgrund von zahlreichen, nach und nach aufgespürten Ölquellen entlang des Flusses Oil Creek gegründete Titusville, war der Ort an dem alles seinen Anfang nahm. Gab es zunächst noch Zweifel an der Verwendbarkeit als Schmier- und Beleuchtungsmittel, so waren es 1854 der Anwalt George Bissel und Jonathan Eveleth, die zusammen mit dem Banker James Townsend, nach einem positiven Gutachten über die Verwendbarkeit des Öls, ein Gelände mit einer besonders großen Ölquelle für 5.000 US-Dollar erstanden. Letzterer war es auch der im Frühjahr 1858 den Zugführer Drake für seine nun allein geführte Seneca-Oil-Company rekrutierte und mit den Bohrungen betraute.
Drake war ein Mann, den das Schicksal ordentlich durchgebeutelt hatte: Nur drei Jahre nachdem seine erste Ehefrau am Kindsbett verstorben war und einen 4-jährigen Sohn zurück gelassen hatte, verlor der aus Greene County (Bundesstaat New York) stammende Bahnangestelle auch noch krankheitsbedingt seinen Posten. Vielleicht auch deshalb wurde ihm der Titel Colonel von der Company verliehen, primär allerdings geschah dies um sein Prestige in der Stadt zu verbessern. Mit dem im Sohle-Bohrungsverfahren vertrauten Grobschmied William A. Smith musste sich Drake aus einigen problematischen Situationen herauswinden, wie z. B. einstürzenden Bohrlochwänden oder der drohenden Pleite der Company, die schon ernsthaft mit dem Gedanken spielte das Unternehmen aufzugeben.
Bis schließlich am 27. August 1859 ein kleines Wunder geschah: Aus einem Bohrloch mit einer Tiefe von 69 Fuß (1 Fuß = 30,48 cm) floss tatsächlich Öl. Wenig später auch aus einem zweiten, tieferen (480 Fuß). Gesamt beliefen sich die Fördermenge auf stattliche 44 Barrel (1 Barrel = 159 l) pro Tag.
Es war dies die erste sich wirtschaftlich lohnende Gewinnung von Erdöl in der Geschichte.
Ein wahrer Erdölrausch war die Folge, zahlreiche Raffinerien entstanden entlang der Flüsse Oil Creek, des Alleghny in Union Mills, Corry und Erie und zwischen 1860 und 1862 explodierte die Förderung von 450.000 auf über 3 Millionen Fässer!
Abb. 4 - Der Pionier der Erdölgewinnung: Zugführer Colonal E.L. Drake
Ich bedanke mich recht herzlich für das Zeitinvestment :) bleibt allerdings dran, denn ...
... in Teil 3 von Machtfaktor Erdöl – Wer Energie kontrolliert, beherrscht die Welt erfahren wir welchen Mann der Öl-Industrie-Boom zum ersten Dollar-Milliardär der Geschichte gemacht hat und was dieser mit dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz gemeinsam hat.
Quellen:
- Ganser, Daniele, Europa im Erdölrausch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit, Zürich 2014.
- Schönwälder, Günter, Erdöl in der Geschichte, Mainz 1958.
- Vassiliou, Marius S., Historical dictionary of the petroleum industry, Lanham 2009.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Edwin_L._Drake
Bilder:
- Abbildungen 1, 3 & 4: Wikipedia. gemeinfrei
- Abbildung 2: Pixabay
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Hi @jeanpi1908 - Danke zunächst einmal - Das Projekt klingt interessant - Wo finde ich mehr Infos zum Projekt?
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Wir hatten gerade eine lange Sommer Pause und sind jetzt wieder da und es gibt auch paar Sachen die sich geändert haben, aber im Groben ist das noch richtig.
Genial Danke dir ;)
Bitte