It's Just a Matter of Observation - Alles eine Frage der Wahrnehmung!

in #deutsch6 years ago (edited)

"Unser Glück liegt nicht in den Dingen, sondern in deren Bewertung durch uns."

François de La Rochefoucauld, 1613-1680

Siehst du die elegante, junge Dame mit Feder- und Halsschmuck oder die gekrümmte, alte Frau mit Warze auf der viel zu großen Nase?
Dein Gehirn nimmt alle nötigen optischen Reize des Bildes wahr, doch es selektiert diese und fügt sie zu einem Gesamtbild zusammen, dabei spielt auch die derzeitige emotionale Befindlichkeit eine Rolle.
Worauf ich hinaus will, ist die Beurteilung unserer Wahrnehmungseindrücke, denn die können wir steuern. Die ganze Welt ist nicht schlecht und sie ist nicht nur gut. Es liegt in unserem Ermessen, wie wir Informationen beurteilen, was wir daraus machen.

Die menschliche Wahrnehmung ist ein sehr kompliziertes, weites Feld, grob zusammenfasst ist sie die Verarbeitung von Umweltreizen, die dauerhaft auf unsere Sinnesorgane einströmen. Diese Reize werden in der Regel unbewusst gefiltert, die selektierten Teilinformationen werden zu einem Gesamteindruck zusammengeführt.
Über Auge, Nase, Ohr, Haut etc. hätten wir pro Sekunde etwa 1 Milliarde Reize zu verarbeiten, bewusst sind uns davon nur durchschnittlich 10-15 pro Sekunde. Unser Nervensystem bewältigt hier also eine ungeheure Aufgabe: eine irrsinnige Informationsflut wird zu kleinen Informationseinheiten gebündelt. Unser Unterbewusstsein entscheidet, ob eine Information für ein Gesamtbild wichtig oder unwichtig ist, die Beurteilung, ob diese negativ oder positiv ist, liegt aber in unserer Hand.
Wahrnehmung ist manipulierbar (z.B. Werbung) und somit (auch von dir selbst) steuerbar, Beurteilung ist lernbar!
It's (not) just a matter of observation!

Bitte nimm dir - bevor du den Rest des Artikels liest - die Zeit, die beiden folgenden kurzen Videos zu schauen, die dich bezüglich deiner Wahrnehmung sehr verblüffen werden!
Die Videos sind englisch. Im ersten Teil löst ein Inspektor in weniger als einer Minute einen Mordfall. Lord Smile wurde erschlagen, drei Verdächtige werden knapp befragt, wo sie sich zur Tatzeit befanden und was sie getan haben. Die kurze Sequenz schließt mit einer Verhaftung und der Frage an dich, wie gut du wahrgenommen hast, ab.
Gehe nun kurz in dich oder lasse es sein, der zweite Teil (auch nur eine Minute) ist in beiden Fällen beeindruckend!
Volle Konzentration:

Whodunnit?

How observiv were you?

Na?! Du warst voll konzentriert auf die Aussagen der Verdächtigen, hast vielleicht sogar beim zweiten Anschauen genauer auf den Hinweis geachtet, der doch irgendwie den Inspektor zu seinem schnellen Schluss gebracht haben muss? Alles andere hast du ausgeblendet!
Hätte ich statt "Wer war es?" gefragt "Was wird in der Szene verändert?", wäre dir bestimmt das ein oder andere Detail aufgefallen, so aber wurde deine Wahrnehmung in eine bestimmte Richtung gesteuert.

Das kannst du selbst! Du kannst deine Wahrnehmung und die Beurteilung dieser steuern. Wenn du dich bemühst, Positives zu erkennen, ist nicht alles schlecht. Wenn du Gegebenheiten (auch) positiv beurteilen kannst, weil jede Medaille zwei Seiten hat, kannst du etwas optimistischer durch's Leben gehen. Optimismus ist lernbar!

Verwechsle Optimismus dabei aber nicht mit übertriebenem Positivismus, nach dem Motto "Alles ist gut!" Das stimmt nicht!
Nehmen wir mal als Beispiel eine Einladung zur jährlichen Krebsvorsorge (Brustkrebs? Prostatakrebs?).

  • Der Pessimist denkt: Da gehe ich nicht hin. Die wollen mir nur 'ne Krankheit aufschwatzen. Und wenn (wider Erwarten) nichts ist, hat der sowieso viel zu gut verdienende Arzt sich sinnlos an mir bereichert. [Ergebnis negativ, da Ungewissheit]
  • Der Positivist denkt: Da gehe ich nicht hin. Ich habe sowieso nichts, Krebs betrifft mich bestimmt nicht, denn alles ist gut. [Ergebnis negativ, da Ungewissheit]
  • Der Optimist denkt: Da gehe ich hin. Wenn nichts ist, ist's gut, bei unangenehmer Diagnose kann ich rechtzeitig behandelt werden. [Ergebnis positiv, da Gewissheit]

Ich nutze dieses von den Londoner Verkehrsbetrieben geliehene und selbst durchgeschnittene Video gern als Einstieg für Lehrerfortbildungen zur Burnout-Prävention. Darin geht es darum, eine positive Wahrnehmung zu steuern und aus allem vermeintlich Negativen auch mal etwas Positives herauszufiltern. Natürlich ist das Schulsystem suboptimal, natürlich werden die Anforderungen immer höher, natürlich ist die Schülerschaft verändert. Wenn aber alles nur pessimistisch betrachtet und beurteilt wird, führt das in seiner Reinform zu Depressionen, macht krank.

Um Optimismus zu trainieren ist es zunächst einmal hilfreich, nach positiven Ereignissen, winzigen Freuden, minimalen Erfolgen am Tag bewusst zu suchen. Die Nähe zu optimistischen Personen ist genauso wichtig wie ein positiver Sprachgebrauch. Und mit Beurteilungen und Bewertungen solltest du ohnehin ganz sparsam umgehen, gehüpft wie gesprungen - alles ist eine Frage der Wahrnehmung!

Hausaufgabe:
Überlege dir je einen Satz aus der Sicht des Pessimisten, des Positivisten und des Optimisten zum Steemkurs!

Bei Fragen rund um Steemit geht's mit folgendem Link zu SteemWiki von @afrog.
Behalte den Überblick, nutze und unterstütze SteemWorld von @steemchiller!
Hast du schon 20 Fakten geschrieben? Go ahead, lass' dich inspirieren!
Wenn du noch einmal klickst, findest du sämtliche Artikel von @chriddi.
10.08.2018


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Danke für diesen schönen Artikel, der zum Nachdenken anregt. Ich sehe es ganz genauso wie du, dass alles eine Frage der Wahrnehmung ist. Jeder sieht die Dinge aus seiner persönlichen Perspektive, was für den einen schlimm ist, ist für den anderen womöglich komplett harmlos. Ich finde, man sollte vorsichtig sein mit dem Urteilen sein. Meistens führt das zu Problemen, mit denen man sich selbst und andere belastet.

Worauf man seinen Fokus legt, zieht man auch automatisch an. Wenn ich denke die Welt ist schlecht, dann ist sie auch schlecht. Wenn ich denke, die Welt ist wunderbar, dann ist sie auch wunderbar.

Alles Liebe von der steemflower!

Vielen Dank für deinen wunderbaren Kommentar samt Ergänzungen, liebe Steemflower!
Mein uneingeschränktes D'accord bezüglich der Perspektive und dem Umgang mit Beurteilungen.

Wenn ich denke die Welt ist schlecht, dann ist sie auch schlecht. Wenn ich denke, die Welt ist wunderbar, dann ist sie auch wunderbar.

Auch hier stimme ich mit dir überein, das umschreibt das (spirituelle) Gesetz der Anziehung. Allerdings würde ich immer gern "ja, aber" zulassen, um sich nicht vollständig in den Bereich der Pessimisten oder (übertriebenen) Positivisten einzuordnen. Die Welt ist nicht nur schlecht, die Welt ist nicht nur wunderbar. Es ist für die meisten schwer, die wunderbare Seite zu sehen, da gibt es immer "ja, aber". Die schlechte Seite wird eher gesehen und hier muss "ja, aber" zugelassen, gegebenenfalls trainiert werden. Yin & Yang.

Ganz liebe Grüße,
Chriddi

Sehr gerne, liebe Chriddi :-) Gerade hier in Deutschland neigen die Leute dazu vieles als schlecht zu sehen. Die negativen Emotionen überwiegen und werden dadurch auch gestärkt. Wenn man sich nur auf die negativen Dinge konzentriert, sieht man die vielen schönen Dinge gar nicht. Wie du so schön sagst, es ist wichtig die Balance zu halten.

Man sollte nicht vergessen, dass wir mit unseren Gedanken eine Menge steuern können und einen großen Einfluss haben. Was wir denken, wirkt sich auf uns und unsere Umgebung aus.
Alles Liebe :-)

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt, der Otto trägt Zylinder und die Tilly ihre Hochzeitsschuhe. Da versuchst du 13 lange Jahre die gesamte Lehrerschaft dem blanken Wahnsinn etwas näher zu bringen, bist auch fast am Ziel, da drücken sie dir ein unnützes Papier in die Hand und verabschieden dich mit folgenden Worten: "Schleich dich und lass dich hier nicht mehr blicken. Geh anderen Menschen auf die Nerven oder such selbst dein Heil im Wahnsinn."
Alle 3 Ratschläge kann man nun etwas Positives abgewinnen - es kommt nur auf die Perspektive an. Da ich die positive Grundeinstellung bereits mit der Muttermilch eingesaugt habe (gab es um 1867 eigentlich bereits Alternativen?), nahm ich alle 3 Vorschläge dankend an und heftete sie mir gut lesbar ans Revers. Danach lernte ich Ernst kennen - den Ernst des Lebens. Ein ziemlich jovialer Genosse, der aber in entscheidenden Momenten den Willen zu langwierigen Diskussionen vermissen lässt. Auch das kann nervig sein, da mein langsam heranwachsender Pessimismus das Gute an Ernst nicht mehr erkennen wollte. Daher wandte ich mich Lotte Lustig zu, die für mich derart exotische Gewürze in ihrem Regal hatte, die mir einen ganz anderen Geschmack am puren Leben verliehen. Der Pessimismus konnte am weiteren Wachstum gehindert werden.
Lotte, die verrückte Nudel, zeigte mir Plätze auf ihrer Spielwiese, die zum Beispiel Karl Marx in seinem Manifest überhaupt nicht berücksichtigte. Ein Fehler meiner Ansicht nach. Ein paar Passagen davon eingestreut, hätten das Lesen des Werkes erheblich vereinfacht. Ich wurde durch Lotte Nimmersatt jedenfalls zum glühenden Optimisten - besonders in Momenten, wenn sie mit vollem Einsatz bei der Sache war.

Und jetzt du, Christiane, um die Ecke und ballerst mich um ein Jahrzehnte zurück:
"Und das sind die Hausaufgaben für morgen. Und Wolfram, nicht wieder von Klaus abschreiben!"

Da Abschreiben ja untersagt ist, muss de Buub sisch Gedange mache - ohne Fudder im Bauch un e bissje Zeit klabbt doo gaar nix.

Bis später, Frau Lehrerin
Ihr ungehorsamer Schüler

P.s.: 3 ganze Sätz is e Haufe Zeisch. Ob mir so viel Werter infalle, das kann isch net garandiere. Wenn net, dann schreiwe isch doch e bissje vom Klaus ab. Merkt joo kääner.

Hm, war nicht so lustig mit den Hausaufgaben, wa?! Dachte, wenn mein Ruf ohnehin schon ruiniert ist, kann ich's auch völlig ungeniert durchziehen. Werde also an meinem Humor feilen ;-)
Vielleicht sollte ich dafür öfter bei Wolfram abschreiben? Weiß nur nicht, ob die Fremdsprache im Deutschaufsatz gestattet ist. Das Positive ist ja, dass man beim Hochdeutschlernen tatsächlich immer satt wird.
Wem gehören eigentlich die Kommentare? Dem Urheber oder dem Artikelbesitzer? So langsam könnte ich aus deinen Kommentaren ja ein Buch entstehen lassen. Und, da man ja seit dem Stapeln von Holz vor der Hütte ein wenig mit ehrfürchtigen Verbeugungen aufpassen muss, folgender Zusatz: Das war eine uneingeschränkt positive Kritik!
Danke sehr,
LG, Chriddi

Kommentare werden von mir immer mit Geschenkpapier umwickelt!

Nur bei den Schleifchen treten die Unterschiede zu Tage.

Dann bleibt noch ...

Wolfram

Optimal. :)

Danke dir :-)

Haha - sehr cooles Beispiel!
Da dachte ich noch an der Stelle mit dem Zoom auf die Uhr am Anfang und der Aussage vom Polizist zur Uhrzeit und seiner schnellen Festlegung, ich wäre am Ende drauf gekommen noch einmal am Beginn auf die Uhrzeit der Uhr zu schauen und mich über die fehlende/andere Uhr gewundert - aber SONST nix gemerkt. Nicht mal, dass der Typ, der mit dem Kopf direkt neben der Uhr liegt, auf die ich mich konzentriert habe, jetzt graue Haare und andere Kleidung hat. lol

Tunnelblick erster Güte.

Irre, wa?!
Ich habe mich auch zunächst auf die Uhrzeit konzentriert. Ja, gewundert, aber mehr auch nicht. Irgendwann habe ich gedacht, die Säcke haben die Uhr im Schnitt weggenommen, MEHR ist mir nicht aufgefallen.
Ich weiß nicht, wie oft ich den Film schon gesehen habe, auf jeden Fall sehr oft. Aber glaube nicht, dass mir selbst im Wissen, was passiert alles auffällt.
Und da soll noch mal jemand sagen, er lässt sich nicht manipulieren...

Ich kann keine Hausaufgaben über ein Thema bestreiten in dem einfach, mir nichts – dir nichts eine bislang völlig neue Größe eingeführt wird, @chriddi.

Positivist – ich glaube es brettert! Über die Notwendigkeit, wie auch Eigenarten dieses beliebigen Charakters müssen wir mindestens erst mal debattieren, bevor du ihn zum Gegenstand einer Hausaufgabe erklärst.

Hihi - alles ist guuut, lieber @afrog!

Das ist ja alles ganz nett aber irgendwie scheint hier keiner die zwei Raben in diesem Bild erkannt zu haben 🤔
Den einen sieht man mit Schnabel und von dem anderen nur den Hinterkopf... falls das zweite Objekt ein Rabe ist und nicht nur eine Deutung unseres Gehirns.

Wow! Na schau mal einer an!
Ich kenne das Bild geschätzte 40 Jahre, doch die Raben habe ich noch nie gesehen.
Jetzt aber! Danke!

Gern geschehen, die Raben hat die Ingrid gestern entdeckt.
Dieses Bild ist ein schönes Beispiel für Verblendung. Man kann ein ganzes Leben darin verbringen ohne zu erkennen 😉

Servus,

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