Von Aktien und Geduld

in #aktie2 years ago

Ich spreche im richtigen Leben durchaus mit einigen Leuten über ihre Finanzen und habe meist einen recht guten Überblick darüber, was diese so in Ihrem Portfolio treiben. Ein nicht ganz unerheblicher Teil davon ist dabei am Aktienmarkt nicht besonders erfolgreich und klagt immer darüber, dass es sehr schwer sei dort sein Geld zu verdienen. Finde ich überhaupt nicht, obwohl ich nichts geniales dort betreibe.

Sicherlich gibt es jene Gruppe, die man als Totalausfall titulieren muss und sie gut daran beraten wären lieber gar kein Geld anzulegen. Hier hat man zumeist jene, die man getrost als „Vollidioten mit zu großem Ego“ einstufen können und fest davon überzeugt sind, dass sich König Midas himself in der Erblinie befindet. Mit einer solchen Einschätzung lebt man stets sehr gefährlich und geht meist sehr riskante Entscheidungen ein. Für sich wäre das noch gar nicht so dramatisch, stellt man diese aber nicht in Frage, wird es leicht heikel.

Eine andere Gruppe die sehr oft extrem schlecht performt sind jene, die sich gerne mit finanzpornografischen Schriften befassen und stets irgendwelche Börsenseite oder Blogs lesen und einfach jedem heißen Tipp darin versuchen umzusetzen. Selbst wenn man nicht auf die „Tipps“ hört, sondern sich nur inspirieren lässt, sollte man dabei sehr vorsichtig sein. Selbst wenn sich mal ein interessantes Unternehmen darin befindet, wird es durch die Aufmerksamkeit oft sehr gepusht und ist zumeist kein echtes Schnäppchen.

Der wesentlich größere Teil derjenigen, die schlecht performen gehören nicht zu den beiden Gruppen und ich gehe ihr Portfolio durch und komme zum Schluss, dass dies eigentlich super Unternehmen sind. Da kann dann ja eigentlich gar nichts mehr schief gehen? Redet man ein Jahr später mit ihnen darüber, heißt es oft, dass die Geschäfte nicht so gut gelaufen sind. Was ist da passiert?

Kostolany hat diese Menschen als „schwache Hände“ bezeichnet. Zumeist sind es Leute, die noch nicht lange dabei sind und ihr Geld hart erarbeitet haben. Solange die Stimmung am Markt hevorragend ist, sind sie eigentlich auch guter Dinge und kaufen brav gute Aktien dazu oder lassen ihre Sparpläne laufen. Also perfekt!

Kritisch wird es meist aber eben dann, wenn der Markt dreht und die Kurse plötzlich schlecht sind. Dabei sind solche Anleger zumeist nicht im geringsten gegen irgendwelche fallenden Kurse abgesichert. Ein kleiner Teil ist dabei sogar so hyperaktiv, dass sie nach einem Kurssturz Abends noch schnell seine Aktien abstößt. Nach dem Motto, dass es ja erst einen Tag bekannt ist und daher sicherlich noch weitere Verkäufe geben wird.

Meist ist dies ein eher schlechter Zeitpunkt für einen Verkauf. Bereits bei kleineren Rücksetzern wird man sofort ausgestoppt und verliert seine Aktien. Der zumeist bereits miteingeplante Rückkauf geht meist auch in die Binsen, weil die Kurse sich plötzlich wieder erholen. Im schlimmsten Fall steht man also wieder an der Seitenlinie mit Bargeld und schaut zu. Oft auch noch zu lange, da man ja fest davon überzeugt ist, dass die Kurse bald wieder fallen werden… was sie aber eben doch eher selten tun. Am Ende werden die Aktien dann viel zu teuer wieder nachgekauft.

Das dieses hin und her nicht gut für den Geldbeutel ist, sagen ja bereits die Börsenweisheiten. Deswegen gibt es aber durchaus auch einige hartgesottene, die es schaffen auch etwas länger dabei zu bleiben. Doch gerade wenn es größere und längere Rücksetzer gibt, werden diese meist dann doch nervös.

Hier einmal ein Beispiel von einem Bekannten, der sich gleich hat mehrfach ins Abseits katapultiert hat. Erster Fall NVIDIA.

nvidia.png

2022 hat er in einer eher niedrigen Marktphase eine gute Portion von Aktien für unter 200€ akkummuliert. In der Tat sahen die Kurse in der Zeit nicht so besonders gut aus. Die Aktie lief die letzten Jahre extrem gut und viele hielten sie bereits für vollkommen überbewertet. Entsprechend nervös sind viele gewesen, die in dieser Zeit gekauft haben. Die Aktie stieg auch eine Weile an, ging dann jedoch wieder auf das alte Niveau zurück.

Der Anleger entschied sich daher seinen Fehler zu korrigieren und verkaufte die Aktie fast zum Einstandspreis wieder als es leicht nach oben ging. „Verluste begrenzen“ hört man dann oft. Vermutlich hätte es ihn selbst wenn er stark geblieben ist, Anfang des Jahres rausgehauen.

Blickt man nun auf den Rest von 2023 sieht man, dass es vollkommen anderes lief als er es gerechnet hat. Die Aktie legte einen stabilen Kurs nach oben hin und zelebrierte Ende Mai noch mit einem sagenhaften Anstieg von 30%. Entgegen der Erwartung vieler ging es nicht danach schnell wieder runter, sondern es ging noch weiter. Dumm wenn man keine Aktien mehr hat und mit dem Bargeld an der Seitenlinie steht.

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Eine andere Aktie von ihm ist Adobe gewesen. Auch hier wurden einige Aktien Ende 2020 akkumiliert zu einem sehr netten Preis. Es gab ein kleines Plateau auf dem es eine Weile blieb und danach recht fix nach oben ging. Leider eben nicht langfristig, so dass es wieder runter ging. Auf einem ähnlichen Niveau wie der Einstandspreis wurde hier wieder verkauft. Ein typischer Ausspruch ist „die Reißleine ziehen“.

Tatsächlich sah es eine Weile so aus als würde er eine gute Entscheidung gemacht haben, da es durchaus weiter runter ging. Gerade in den letzten Wochen ging es jedoch recht steil wieder hoch und wäre über seinen Einstandspreis gewesen.

Ich könnte aus seinem Depot zig Beispiele mit einem ähnlichen Pattern finden. Allerdings macht es überhaupt keinen Sinn eine Aktie zu kaufen, ein paar Jahre zu halten und danch zum Einstandspreis wieder raus. Man muss auch mal ein wenig Geduld haben.

Das A und O ist dabei die Aktienwahl. Ein Wirecard, dass bereits im Steilflug nach unten ist und von allen Seiten unter Beschuss steht ist vielleicht wirklich eine Aktie bei der man eine Reißleine ziehen sollte, weil die Marktrisiken nicht mehr kalkulierbar sind. Eine Vonovia mit starken Druck durch mögliche Sanierungen und stark steigenden Zinsen verändern ggf. die ursprüngliche Investement-Idee und man muss sich neu positionieren.

Als guter Investor ist man selbstständig tätig. Glaubt ihr denn, dass der Besitzer eine Pommesbude den Laden dicht macht, weil an einem Tag mal 3 Leute weniger gekommen sind? Oder wenn er merkt, dass es in die Sommerpause geht sich nicht darauf einstellt, dass es mal eine schlechtere Marktphase gibt?

Die Menschen blicken immer viel zu intensiv auf dem Kurs und werden dann nervös. Der Kurs spiegelt nicht den Wert eines Unternehmens wieder, noch wie es gerade läuft. Wenn mal wieder Hexensabat ist, spielen die Kurse an der Börse oft verrückt, aber was hat dies mit dem Unternehmen zu tun? Glaubt ihr, dass da die Aufträge jeden Tag hoch und runter gehen um den aktuellen Marktkurs zu reflektieren? Würde man die angestellten Fragen, würden diese einen wohl verwundern angucken, da es ein ganz normaler Tag war. Vielleicht hat man kürzer gearbeitet, weil es ein Freitag war ;)

Der Kurs gibt zu welchem Preis eine Aktie gerade gehandelt wird. Wenn es keine anderen Marktteilnemer gibt, die Bock auf das Unternehmen haben, ist halt mal ne Durststrecke. Vielleicht wird ja gerade etwas anderes gehypt. Hier kann es durchaus mal lohnen auf das Volumen zu gucken, ob gerade überhaupt viel gehandelt wird.

Man muss aber an der Börse auch mal Geduld haben. Hat man ein solides Unternehmen im Portfolio und es hat sich nichts grundlegendes geändert, muss man auch nichts tun. Wenn die Hände anfangen zu zittern, muss man halt auch mal die Schlaftabletten von Kostolany nehmen und sich wieder auf die Seite drehen.

Das ist kein Appell ein Buy & Forget zu betreiben. Es können durchaus durch weltpolitische Ereignisse Dinge passieren bei denen man handeln sollte. Aber als Privatinvestor sollte man sich von der Illusion verabschieden, dass man „schnell“ traden kann und noch etwas retten. Ihr könnt es nicht und die Instutionellen werden auch immer mehr wissen haben als ihr, da sie mehr Zeit reinstecken!

Mein Medikament für solche Leute ist es oft eben vielleicht lieber keine Tesla zu kaufen, sondern lieber ein Dividendenaktie. Mit einer Aussicht auf einer regelmäßigen guten Ausschüttung, fällt es vielen Menschen doch einfacher auch mal Durststrecken auszusitzen. Natürlich ist dies kein Garant dafür, dass dies vom Markt losgekoppelt ist. Vielleicht stürzt der Kurs auch ein, weil man weniger Gewinn hat aus denen die Dividende bezahlt wird. Aber lieber bei so etwas mal drauf zahlen als sich durch den Kurs verrückt zu machen.

Und gerade die großen soliden Unternehmen sind oft schon sehr lange am Markt mit einem laufenden Geschäftsumfeld. Trinken die Leute in der Krise weniger Cola oder Pepsi? Kaufen sie weniger Waschmittel? Erst dann, wenn man sich an Schwankungen am Markt ein wenig gewöhnt hat, sollte man es auch mal mit Wachstumsaktien probieren, die meist eben naturgemäß auch mal volatiler sein können.

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Hallo Gammastern und Danke @hatoto fürs taggen!

Interessanter Artikel. Da steckt so vieles drin...
Ich bin ein "schwacher Hand" Händler, der keinen 70% Drawdown bei Adobe und Nvidia aussitzt in der Hoffnung, dass die irgendwann wieder ihre alten Niveaus erreichen. Für jedes Beispiel wo das geklappt hat (Nvidia) gibt es ebenso viele Beispiele, wo das nicht geklappt hat (Cisco, General Electric).

Darauf kommt es aber vielleicht gar nicht an. Vielmehr lese ich heraus und stelle ich immer öfter fest, dass es viele Theorien gibt, viele Wege und Herangehensweisen an der Börse Geld zu verdienen, dass aber jeder Mensch unterschiedlich ist. Psychologie spielt eine mindestends ebenso große Rolle, wie die Strategie an sich.

Mein erster Gedanke bei deinem Beispiel des bekannten Anlegers war, dass er versucht eine Strategie zu handeln, die nicht zu seiner Persönlichkeit und seiner Risikotoleranz passt. Ich finde es ausdrücklich richtig, eine Exit Strategie zu haben. Im Falle deines Bekannten erfolgt der Ausstieg aus emotionalen Gründen und nicht weil das Regelwerk seiner Strategie einen Verkauf signalisieren oder sein vorher festgelegter Handelsplan entsprechende Exit Regeln beinhaltet.
Ich vermute der Kauf erfolgte ebenso emontional, wie der Kauf. Zumindest erscheint mir das nach Lesen des Texts so, ohne mehr Details oder die Personen selbst zu kennen.

Vielleicht hätte er mehr erfolg, wenn er sich eingesteht, dass seine - ich nenn es mal - Verlust-Toleranz relativ gering ist und deshalb darauf aufbauend ein Regelwerk und einen Handelsplan erstellt, der genau festlegt, welche Bedingungen für einen Kauf und welche für einen Verkauf erfüllt sein müssen. Das dürfte helfen, die emotionalen Entscheidungen zu verringern. Die zu ihm passende Strategie hat er m.E. noch nicht gefunden.

Ich habe vor auch vermehrt über solche Themen zu schreiben. Habe natürlich einen gewissen Bias bezüglich meiner Sichtweise und egenen Herangehensweise, aber Artikel wie deine finde ich trotzdem sehr interessant. Ich bin seit 2 Jahren auch auf Twitter. Dort ist ein respektvoller Umgang bei verschiedenen Meinungen oft schwierig. Ich bin guter Dinge, dass das hier anders abläuft.

Ich freue mich mehr von dir zu lesen!

Vielleicht postest du auch in der von @exptrader geschaffenen und gerade im Aufbau befindlichen Community mit? Würde mich sehr freuen. https://peakd.com/c/hive-145107/created

Gruß
Florian

Für jedes Beispiel wo das geklappt hat (Nvidia) gibt es ebenso viele Beispiele, wo das nicht geklappt hat (Cisco, General Electric).

Wie ich auch an anderer Stelle bereits schrieb, es ist absolut keine Schande auch mal daneben zu greifen. Wie sich der Kurs entwickelt kann absolut niemand vorher sagen. Gerade deswegen stehe ich Trading eher skeptisch gegenüber und versuche Unternehmen lieber nach ihren Chancen zu gewichten. Das funktioniert aber nur langfristig vernünftig, da die Unternehmen nicht immer 2 Wochen vor Quartalszahlen alles nach plan abliefern :)

Vielmehr lese ich heraus und stelle ich immer öfter fest, dass es viele Theorien gibt, viele Wege und Herangehensweisen an der Börse Geld zu verdienen, dass aber jeder Mensch unterschiedlich ist.

Das ist durchaus der Fall. Immerhin gibt es eben an der Börse langfristige Anleger und auf der anderen Seite eben auch Trader. Beide Seiten können durchaus Geld verdienen und erfolgreich sein. Gibt eben doch auch einige Daytrader, die dabei durchaus erfolgreich sind.

Als Privatinvestor gehört man meist aber eben zu der Art von Investoren, die primär im Feierabend handelt und das zumeist auch nicht systematisch. Um ehrlich zu sein, kenne ich da persönlich niemanden, der mit Trading erfolgreich ist. Zumindest nicht ohne sich einen zweiten Job anzulachen.

Ich finde es ausdrücklich richtig, eine Exit Strategie zu haben. Im Falle deines Bekannten erfolgt der Ausstieg aus emotionalen Gründen und nicht weil das Regelwerk seiner Strategie einen Verkauf signalisieren oder sein vorher festgelegter Handelsplan entsprechende Exit Regeln beinhaltet.

Beide Seiten des Handelns sind durchaus absolut emotional. Man sollte in der Tat auch seine Exits planbar machen, wobei man als langfristiger andere Arten von Ziele setzen sollte. Sonst hast Du halt ständig die Gewinnmitnahmen bei 15% ;)

Dort ist ein respektvoller Umgang bei verschiedenen Meinungen oft schwierig. Ich bin guter Dinge, dass das hier anders abläuft.

Üblicherweise schon solange man die Gegenseite auch akzeptiert. Das Investoren und Trader unterschiedliche Ansichten haben ist ja kein Geheimnis. Allerdings arbeiten sie eben auch gänzlich unterschiedlich. Mein Fokus ist sehr auf den privaten Investor, der eben nicht jeden Abend lange damit befassen. Als solcher ist man angeblich ja den Instis hoffnungslos unterlegen, wobei man auch seine Geheimwaffe sehen muss. Man muss eben nicht jedes Quartal ein Ergebnis liefern, sondern kann sich den Luxus von Geduld gönnen. ;)

Mit den Communities muss ich mal sehen. Wir haben ja auch noch die https://peakd.com/c/hive-111438/created in der ich regelmäßig früher geschrieben habe. Bin selbst aber nach einer längeren Pause erst wieder da. Von Börsentechnik selbst wird eher weniger von mir kommen. Meist geht es in der Tat eher um die Psychologie dahinter oder über wirtschaftliche Vorgänge mal nachzudenken. Viele Menschen empfinden das immer als sehr unspannend und ich hoffe, dass man da eine andere Sicht drauf bekommt :)

Hallo ihr, ich Klinke mich jetzt auch einfach Mal dazu. Erstmal, Hut ab für die ganzen Texte die du bis hierher gefasst hast, endlich vernünftige lektüre wenn ich unterwegs bin und habe schon länger jemanden gesucht der sich auch mit "Emotionen beim handeln" beschäftigt.

Sehe auch selten das jmd Blocktexte verfasst und stört mich persönlich auch nicht wenn es spannend geschrieben ist.

Da ich beruflich im Offshore aktuell unterwegs bin muss ich schaue wie ich die Beiträge für die Gruppe verfasse, aber da wird noch einiges gutes kommen, versprochen.

Ich persönlich kenne 3 erfolgreiche Trader, mit denen ich mich gelegentlich austausche. Was mir auch aufgefallen ist, die sind halt erfolgreich weil sie sich mit social Media nicht auseinander setzten und sich auf ihr Trading konzentrieren.

Sie haben kein Bedarf sich zu beweihrauchern und es in die Öffentlichkeit rumzuposaunen. Das ist denke ich einer der Gründe, warum man keine erfolgreichen Trader "sieht". Sie sind so im Game drin das sie sich nur darauf fokussieren und gelegentlich denke ich mir auch selber "vielleicht sollte ich das auch Mal machen"

Den am Ende des Tages ist es entscheiden was man für ein selbst geschaffen/geleistet hat und nicht zur schau Stellung auf den SM

Schön von Dir zu lesen - Willkommen zurück 😊

Danke, es ist auch wieder schön für Euch schreiben zu dürfen :)

Schöner Beitrag. Ich freue mich, dich wiederzulesen 😃. Hoffe dir geht es gut.

Ich frage mich, ob du das Handeln deines Bekannten anders beurteilt hättest, wenn NVidia wirklich gefallen wäre. Das haben ja nicht wenige erwartet. Ist die Analyse durch das Ergebnis verzehrt?

edit: ich tagge hier mal ein paar neue Finanzakteure auf Hive, die du vielleicht noch nicht kennst: @dividendencheck @saftmanwikifolio @exptrader @borsengelaber wer fällt euch noch ein?

Schöner Beitrag. Ich freue mich, dich wiederzulesen 😃. Hoffe dir geht es gut.
Ja, wenn die Arbeit nicht wäre, würde es gehen. Aber da arbeiten wir ja dran. Schön Dich hier auch noch zu sehen.

Ich frage mich, ob du das Handeln deines Bekannten anders beurteilt hättest, wenn NVidia wirklich gefallen wäre. Das haben ja nicht wenige erwartet. Ist die Analyse durch das Ergebnis verzehrt?

Ich würde hier auch nicht um einzelne Aktien diskutieren, da er halt eine ganze Sammlung solcher Beispiele im Depot hat. Was den konkreten Fall angeht... sagen wir es mal so... ich halte ja auch Nvidia-Aktien bei mir im Depot. Sowohl Altbestände als auch danach einen Sparplan. An einer ähnlichen Stelle habe ich sogar noch einmal mit einer Charge nachgekauft. (Übrigens beim +30% habe ich einen Teilverkauf gemacht. Das ist extrem selten bei mir, aber bei 237% kann man auch mal etwas Bettruhe kaufen).

Subjektiv würde ich daher antworten: ja, klar :) Es hat sich bei Nvidia nichts fundamental geändert. Es gibt etwas mehr Konkurrenz, aber der Markt ist arg unterfüttert. Die Preise werden fallen, da im Sommer mehr Fabs ans Netz gehen. Sowohl im Automobil-Bereich als auch beim Machine Learning geht der Trend nach oben. Daher bleibe ich auch weiter mit einer guten Portion drin.

Wie sich Kurse entwickeln kann einem absolut niemand sagen. Im Nachgang hat man natürlich immer nur den Survivor Bias und sieht nur noch die Sieger. Aber eine Haltzeit einer soliden Aktie für ein Jahr sollte einem schon nachdenklich sehen. Sofern das Geschäftsmodell nicht eklatant ändert (z.B. Apple will nun vegane Hafermilch herstellen) sollte man schon min. 5 Jahre anstreben.

Bei z.B. einem Wirecard war die Lage anders. Als es die ersten Rücksetzer gab, habe ich auch noch nachgekauft und es für eine Übertreibung gehalten. Als bekannt wurde, dass Star Shortseller auf das Unternehmen gegangen sind, ist bei mir bereits eine rote Flagge hoch gegangen. Die Leute haben oft sehr gut recherchiert und wissen was sie tun. Da wette ich nicht dagegen. Als dann auch noch weitere Anschuldigungen aufkamen, bin ich raus zu en pari.

Allerdings eben nicht wegen den Turbulenzen im Chart, sondern weil da Rauch aus dem Busch kam. Im Nachgang hat mir das einiges an Geld gespart, da ich noch zu 120€ raus bin. Das war am Ende vorwiegend Erfahrung und hätte mich genauso erwischen können, wenn es weniger tam tam im Vorfeld gegeben hätte und man unerwartet erwischt wurde.

Einzelne solcher Titel im Depot sind auch keine Schande. Jeder von uns kann sicherlich mit etwas kramen Dinge finden, wo er am Ende nicht mit prallen kann. Aber das Bedürfnis ständig zu handeln kann tödlich sein. Z.B. auch bei Kuka habe ich am Ende mehr bekommen als der durchschnittliche Aktionär, obwohl 90% zum angebotenen Preis verkauft haben. Das ist die Art von Zocken, dass man machen sollte und nicht auf irgendwelche abgebrannten Enkel im Penny Stock Markt zu wetten :)